Auf den Punkt gebracht: Lesen, Schreiben, Denken
Jeder Mensch ist ein Künstler. Kunst ist schön macht aber viel Arbeit. Wissen macht Aha! Freiheit oder Sozialismus. Amerika first. Man lebt nur einmal. Der Kopf ist rund, damit das Denken seine Richtung ändern kann. Witz entsteht in der Leichtigkeit, mit der eine Formulierung gelingt.
Warum macht es Spaß oder auch umgekehrt: Warum ärgert man sich, Sätze wie diese zu lesen – oder womöglich selbst neue Formulierungen, Weisheiten und Merksprüche zu erfinden? Wem heute im richtigen Moment passende Sätze einfallen, hat nur Vorteile. Man fällt auf, unterscheidet sich und motiviert sich selbst und andere bewusster mit Sprache umzugehen. Seit Donald Trumps Twitter-Sätzen wissen wir: Sätze, die Sachverhalte auf den Punkt bringen, können ebenso smart wie auch bösartig, schlecht erlogen und auch gut erfunden sein.
Man hat das Gefühl, dass eine bewusst reduzierte Sprache heute machtvoller funktioniert als früher, und dass das Wissen, wie Sprache in das Bewusstsein eingreift, immer komplexer wird. Gerade bewusst verknappte „Statements“ von Künstlern sind ein Thema, das heute unter beschleunigten Kommunikationsverhältnissen immer relevanter wird. Sätze inszenieren sich klüger, wenn sie ihr Selbstmarketing mit Pointen durchsetzen, die den Leser zum Entdecker machen. „Was man sich selbst erfinden muß, lässt im Verstand die Bahn zurück, die auch bei einer anderen Gelegenheit gebraucht werden kann.“ Georg Christoph Lichtenberg kannte zu seiner Zeit sicher nicht den heutigen Begriff der Instrumentalisierung – formulierte aber genau den Kontext, um den es auch hier geht: die Geburt der Geistesgegenwart aus dem Medium einer Pointe.
Marketing mit Witz und Ironie
Gerade notiert Wolfgang Ullrich in einem seiner neuesten Beiträge zur Kritik der Warenwelt in der NZZ Folio:
„Wer im Marketing auf Witz und Ironie setzt, darf keine Probleme mit Leistungsdruck haben. Denn da selbst die Pointen der besten Witze nerven, wenn sie oft wiederholt werden, braucht es umso mehr Einfälle. Am besten werden die Kunden fast jedes Mal mit einem neuen Gag überrascht.“ Ist wie Ullrich schreibt, die Werbestrategie des Volkswagenkonzerns in den 1960er Jahren „abwechslungsreich, intelligent, ebenso unterhaltsam wie informativ“, so gilt das heute gerade auch für die Sprache im Netz. Hier herrschen die Imperative der Überraschung, der Steigerung und der Paradoxierung von Sachverhalten.
Je schneller dabei Ideen variiert werden, die unerwartet ihre Perspektiven wechseln, desto jünger wirkt das Produkt, das Sätze in Gegenwärtigkeit von Erkenntnissen umwandelt. Sprache wird so nicht nur permanent für neue Zwecke instrumentalisiert, sondern ist ihrerseits auch Verkörperung einer smarten, intelligenten Selbstanwendung. Wem es dann noch gelingt, zeitlose Einsichten mit der Aktualität ihrer Jetztzeit zu koppeln, der trifft nicht nur den Zeitgeist, sondern stellt unter Beweis, wie Geist und Gegenwart zu einer dritten Größe raffiniert werden.