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Bereits seit seinem Bestehen gibt es eine große Nachfrage nach Praktikumsplätzen im Marta Herford. Seit dem haben zahlreiche Kunstbegeisterte hinter die Kulissen schauen dürfen und die verschiedenen Tätigkeitsfelder eines Museums kennengelernt.
Allein das kuratorische Team betreut bis zu vier PraktikantInnen jährlich, die zwei Monate und länger einen Einblick in die tägliche Arbeit erhalten. In vielen Studiengängen zählt ein Fachpraktikum mittlerweile zum Pflichtprogramm: Die Auszubildenden sollen so einen Eindruck von der beruflichen Praxis erhalten und damit ihre theoretischen Kenntnisse ergänzen. Darunter finden sich nicht nur angehende KunsthistorikerInnen, sondern auch StudentInnen der Kulturwissenschaften, der Museologie, der Theater- oder Sprachwissenschaften, der Museumspädagogik, oder gelegentlich auch einmal Künstler und Designer. Je nach Kenntnisstand unterstützen sie die Kuratoren bei Recherchen, organisatorischen Tätigkeiten wie Leihanfragen oder Textarbeit. Besondere Erlebnisse während eines Praktikums sind aber auch Künstlergespräche oder der Ausstellungsaufbau. Dabei gilt ganz allgemein: Keine Ausstellung ist wie eine andere, wie der Praktikumsbericht von Simona Herzig oder auch der folgende von Linda Isiklar belegen:
Ein bisschen aufgeregt bin ich ja schon, als ich Anfang Oktober das erste Mal zu meinem Praktikum ins Marta nach Herford fahre. Was wird mich hinter den hohen Backsteinmauern des Gehry-Baus wohl alles erwarten? Wie wird mein Arbeitsplatz aussehen und welche Aufgaben werde ich übernehmen?
Angekommen in den Büroräumen, bin ich begeistert von der hellen und offenen Atmosphäre. Hier ist es auf jeden Fall attraktiver als in der Unibibliothek. Die einzelnen Räume sind durch Glaswände getrennt, sodass man im Vorbeigehen jedem einzelnen Kollegen zuwinken kann. Besonders interessant finde ich den ungewöhnlichen Glaskasten, der sich in der Mitte der Räume befindet und sich schon durch den Boden von den einzelnen Büros abhebt. Ein knallblauer Teppich markiert das so genannte „Aquarium“. Hier trifft sich das ganze Marta-Team jeden Mittwochmorgen zu einem Wochenmeeting. Diese Treffen haben mir immer besonders gut gefallen, da so jeder über Neuigkeiten informiert wird und man als Neuzugang direkt ein Zugehörigkeitsgefühl hat.
Die Highlights während meiner Zeit im Museum sind definitiv die Begegnungen mit den Künstlern. Zum einen Fernando Sánchez Castillo, der uns im Marta besucht, um Herford und der Presse seine Skulptur für das Projekt „5 Tore/ 5 Orte“ vorzustellen. Es macht wirklich so viel Spaß mit dem spanischen Künstler beim Mittagessen über Kunst und andere interessante Themen zu sprechen, dass mir das Ganze gar nicht mehr wie Arbeit vorkommt. Und dann auch noch in einer so wunderschönen Umgebung …
Doch die Aufgaben im Museum dürfen auf keinen Fall unterschätzt werden. Kunst ist auch anstrengend. Während des Aufbaus für die Mark Dion-Ausstellung habe ich zwischenzeitlich sogar Muskelkater vom ganzen Tragen und Laufen. Wie gut, dass es im Fahrstuhl eine kleine Bank gibt, auf der ich dann kurz verweilen kann.
Ein anderer Höhepunkt meines Praktikums ist es für mich, mit Mark Dion zusammen zu arbeiten. Schon bevor er aus den USA anreist, sind wir Wochen lang auf der Suche nach Objekten für seine Installationen. Wie er diese dann vor Ort entwickelt, ist besonders spannend. Als wir beispielsweise die Vogelvoliere bestücken, schließt der Künstler seinen MP3-Player an und lässt das gesamte Team an seiner Lieblingsmusik teilhaben. So konnten wir zu Liedern von Diana Krall aktuelle Kunst entstehen sehen. Herrlich!
Eine meiner skurrilsten Aufgaben ist es jedoch, den Inhalt für Mark Dions Edition zu besorgen. Dass Kunst oft provokant und grotesk sein kann, wusste ich ja schon vorher. Aber Mark Dion hat eine ganz besondere Aufgabe für mich: Ich soll eine geräucherte Wurst besorgen, die in einen 25 cm langen Miniatursarg hineinpasst und für seine Edition „Death of the wanderer“ (Tod des Wanderers) geeignet ist. Nachdem ich einige Fleischereien und Märkte nach der perfekten Wurst abklappere und dabei oft in verdutzte Gesichter schaue, als ich das Maßband an die Würstchen anlege, finde ich sie endlich: Die perfekte „Kunst-Wurst“. Für die Edition bettet der Künstler sie in einem schwarzen Miniatursarg, ausgestattet mit edlem, tiefrotem Samtstoff. Hebt man den Deckel an, wird eine Dauerwurst sichtbar, die im Inneren des Schreins liegt. „Der Tod des Wanderers“ wird begleitet von einem nummerierten und signierten Zertifikat mit einer kleinen Schwarz-Weiß-Zeichnung, auf der eine Friedhofszene bei Nacht zu sehen ist. Dieses herrlich schräge Bild gliedert sich ohne Zweifel in Mark Dions Oeuvre ein, das von der Liebe zu Kuriositäten und Wunderkammern geprägt ist. Und wieder einmal gelingt es Mark Dion mich zum Schmunzeln zu bringen. Mit dem Endergebnis der Edition ist der Künstler happy und ich bin es auch. Denn meine Zeit im Marta bleibt für mich sicherlich unvergesslich.
Linda Isiklar hat nach ihrem Bachelorstudium der Kunstgeschichte und Geschichte an der Universität Osnbrück ein Kulturmanagement-Masterstudium an der Hochschule Bremen aufgenommen. Nach verschiedenen Praktika in der Medienbranche, und u.a. im LWL Museum Münster und bei der Venedig Biennale, absolvierte sie 2015 ein Praktikum im kuratorischen Team von Marta Herford.