Gebt endlich die Bilder frei! – Teil 1
Warum darf man eigentlich nicht jedes Lieblingskunstwerk ungehindert fotografieren und mit einem Kommentar, einer persönlichen Interpretation seinen Facebook-Freunden präsentieren? Aus welchem Grund findet man z.B. auf der Marta-Homepage zwar ein Archiv der früheren Ausstellungen, aber kaum Installationsfotos, die einen Eindruck der längst beendeten Schau vermitteln können? Voilà – wir befinden uns mitten auf dem spiegelglatten Parkett der Bild- und Urheberrechte!
Kürzlich war ich zur Eröffnung in einer renommierten Städtischen Galerie eingeladen. Der international erfolgreiche Künstler hatte hier eine präzise auf die Räume bezogene Einzelausstellung installiert. Gekommen waren nicht nur viele Freunde, sondern auch ein zahlreiches lokales Publikum, manch Sammler und einige Galeristen. Schon die ersten Versuche, die eine oder andere Perspektive mit dem Handy zu fotografieren, wurden von den sehr entschieden reagierenden Aufsichtskräften unterbunden. Auf Nachfrage hieß es, in diesem Hause sei grundsätzlich das Fotografieren verboten. Allerdings zeigte sich wenig später der Künstler im Gespräch ziemlich verblüfft bis verärgert ob dieser Regelung, war er doch höchst interessiert an der fotografischen Dokumentation und Verbreitung seiner Installation.
Fotografierverbote in Ausstellungsräumen haben immer etwas mit Schutz zu tun. Mit dem Schutz der Werke, dem Schutz der KünstlerInnen, dem Schutz von Rechtsnachfolgern, dem Schutz von Aufsichtspersonal (vor Besuchergesprächen) oder auch dem Schutz der Museumsleitung vor mutigen Entscheidungen. Aber worum geht es eigentlich? Warum entstanden überhaupt Fotoverbote in der Kunst?
Da ist zum einen die Sorge um das Werk selbst, was in fast allen Häusern (zu Recht) dazu führt, dass Blitzlichtaufnahmen durch Besucher generell nicht erlaubt sind. Eine Ausnahme bildet der Hausfotograf, der eine entsprechend gut ausgeleuchtete Reproaufnahme erstellt und den empfindlichen Oberflächen der Kunstwerke Rechnung trägt. Dann gibt es den Leihgeber, den Sammler, der es zur Bedingung für die Bereitstellung seines Kunstwerks machen kann, dass es nicht fotografisch reproduziert wird. Hier spielen oft diffuse Gründe eine Rolle, sei es, weil man möchte, dass der eigene Privatbesitz nicht allzu öffentlich wird, sei es weil man die Bildkontrolle über sein Eigentum nicht an eine anonyme Masse abtreten möchte.
Und schließlich können auch die Urheberrechte ausschlaggebend sein. Das heißt, eine Künstlerin, ein Künstler möchte auch über die Reproduktion des eigenen Werks in den Medien Einnahmen generieren, durchaus nachvollziehbar gerade dann, wenn der Verkauf der Arbeiten eher schleppend verläuft oder z. B. technisch schwierig ist. Am einfachsten regelt man das über eine Rechteverwertungsgesellschaft wie die VG Bild-Kunst, die dann für die Künstler entsprechende Lizenzabgaben erhebt. Ausgenommen sind allerdings private Aufnahmen eines Werks, die ausschließlich zu Erinnerungszwecken genutzt und vor allem nicht in irgendwelchen Netzwerken geteilt werden.
Kunst als Drohkulisse
Zurück im eigenen Haus laufe ich durch unsere Ausstellung und schaue nochmal auf die Schilder mit dem durchgestrichenen Kamerasymbol, die neben drei ausgewählten Exponatbeschriftungen angebracht sind. Was also wollen sie dem Besucher sagen? Fakt ist: Der Besitzer hatte im Leihvertrag ein Fotoverbot seiner Bilder vorgegeben. Aber erkennbar ist eigentlich nur, dass irgendetwas untersagt ist. Aber was? Aufnahmen mit der Profikamera? Selfies? Freundesporträts mit Kunst im Hintergrund? Raumaufnahmen? Mit/ohne Blitz/Stativ, privat/für die Kollegen, auf dem Smartphone gespeichert/in die Cloud hochgeladen?
Dass hier große Unklarheit herrscht, ist nicht allein der Rechtssituation geschuldet, sondern auch der hausinternen Kommunikation, denke ich. Aber „wie sag ich’s meinem Kinde?“ Wie kann man auf einfache Weise den willkommenen Besuchern im Haus die Situation vermitteln? Und vor allem: Was geschieht, wenn es trotzdem geschieht, das verbotene Fotografieren? Werde ich (bitte ankreuzen): belehrt, ermahnt, bestraft, des Hauses verwiesen, zur Kasse gebeten, angezeigt? Muss ich mein Handy vorzeigen, löschen, abgeben, durchsuchen lassen?
Kunst als juristischer Problemfall
Spätestens hier beginnt es in den Fingern zu kribbeln. Nicht nur, weil die Fragen immer diffiziler werden und die Antworten zu immer komplexeren Begründungen heranwachsen. (Mein Einstieg in die öffentliche Diskussion der Thematik im Rahmen einer Anfrage für ein Online-Interview von Angelika Schoder war für mich und die Marta-Öffentlichkeitsarbeit schon ein ziemlicher Eiertanz.) Sondern vor allem auch, weil man zu begreifen beginnt, dass der simple Vorgang eines banalen, aus der Hand geschossenen Fotos von einem Kunstwerk zu einer komplizierten juristischen Angelegenheit mutiert, für deren Handhabung wir mittlerweile ganze Abteilungen in den Museen haben oder zumindest einstellen müssten, für die sich Abmahnkanzleien begeistern und Fachanwälte zu Gegenpositionen herausgefordert sehen. Eine Gemengelage, die schließlich – weil es eben für die wenigsten Institutionen und Fachleute aktuell leistbar ist – zu einem potenziellen Verschwinden künstlerischer Leistungen in der Öffentlichkeit führt. So war es im Marta Herford schlicht aus personellen Gründen nicht möglich, beim Relaunch unserer Museumswebsite vor zwei Monaten das gesamte Ausstellungsarchiv wieder online zu stellen.
Zuvor hatte bereits die VG Bild-Kunst gemahnt, dass auf zahlreichen Raumaufnahmen zu den vergangenen Ausstellungen Werke der von ihr vertretenen Künstler zu entdecken sind. Diese seien kurzfristig vom Netz zu nehmen oder aber mit entsprechenden Abgaben zu lizensieren. Ganz im Gegensatz zur früheren Abrechnungsweise werden für Onlinenutzungen mittlerweile Mietmodelle etabliert, die auf lange Sicht geradezu abenteuerliche Summen für eine einzelne Abbildung auftürmen. Aber abgesehen von dieser sprunghaft ansteigenden finanziellen Belastung ist es uns nur über Monate hinweg möglich, neben der täglichen Arbeit die alten Raumaufnahmen zu sichten, jedes noch so klein erkennbare Kunstwerk zu identifizieren und seine rechtliche Situation zu klären, um schließlich zu entscheiden, welche Aufnahmen wir uns mit welchen Kostenfolgen zeigen können.
So wohlwollend wir uns dabei vor allem auch für manche betroffenen Künstler verhalten: Hier verschwindet definitiv Wissen aus dem Netz, von dem viele profitieren könnten, die nach fünf Jahren nochmal einen Blick in die Ausstellungsräume werfen möchten, die sich im Rahmen von Studium und Forschung mit dem Ausstellungsmachen oder mit einzelnen KünstlerInnen und ihren Ausstellungen beschäftigen. Und natürlich trifft es unabhängig von unserer eigenen Haltung generell eher wieder die nicht unbedingt omnipräsenten Kunstschaffenden, die nachhaltig an Sichtbarkeit verlieren.
Kunst als Gemeingut
Während man sich aber auf institutioneller Seite – sei es wegen einem ernst genommenen Bildungsauftrag oder auch einfach nur als Schutz vor existenzbedrohenden juristischen Konsequenzen – mit wachsender Aufmerksamkeit diesen Urheberrechtsfragen widmet (und zu oft auch Gefahr läuft, mit allzu vorauseilendem Gehorsam zu entscheiden), herrscht auf der Privatseite ein zuweilen herrlich anarchischer Wildwuchs. Ein breites Spektrum vielfältigster Vergehen oder zumindest zweifelhafter Umgangsweisen mit Bildern ist hier zu beobachten, in den meisten Fällen schlicht aus Unwissenheit oder Naivität, vor allem aber schon lange nicht mehr effektiv juristisch verfolgbar. Denn das Internet und seine hoch verzweigten Vervielfältigungsstrukturen sind einfach zu schnell. Mit dem Handy also direkt in die Illegalität?
Und dann packt einen plötzlich die Wut. Hat diese Gesellschaft nicht einmal leidenschaftlich für die Kunstfreiheit gekämpft, für das Kunstwerk als öffentliches, nicht vereinnahmbares Gut? War es nicht eigentlich zentrales Anliegen der Kunst, eine überzeitliche Sprache zu formulieren, Werke zu generieren, die potenziell jeden betreffen, eine Kunst, die wie ein Medium die Energien einer Zeit fokussiert und in die Zukunft projiziert, sich aus dem biografischen, politischen, kunsthistorischen Kontext löst, nur für sich allein steht und am Ende niemandem vollständig gehört? Investieren wir dafür nicht in Universitäten, Akademien, Kunstvereine, Museen und rechtfertigen damit auch immer wieder die notwendigen Budgets?
Auf welchem Wege auch immer: Die Kunst gehört nicht in die Dschungelwelten der Urheberrechtsparagraphen, nicht in die Kontrolle der Gewinnmaximierung und nicht in die Klauen einer Einschüchterungskoalition. Sie gehört in die Mitte der Gesellschaft, in der über sie gestritten und verhandelt wird, in der sie überprüft und erprobt wird, in der sie sich zu bewähren hat und zur Blüte gelangt!
Fortsetzung:
Gebt endlich die Bilder frei! – Teil 2
29 Replies to “Gebt endlich die Bilder frei! – Teil 1”
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Selbst das Blitzlichtverbot ist außer bei Werken auf Papier und bei Textilien wohl einfach nur aufgebauschte Wichtigtuerei. Natürlich muss man dabei aber auch an das nervige Geblitze denken, das natürlich andere Besucher stört. In einem leeren Museum mittelalterlicher Skulpturen ist es jedoch einigermaßen absurd (und leer sind die ja gemeinhin – warum wohl…).
Aber da muss ich die Institutionen auch etwas in Schutz nehmen: Letztlich weiß man einfach nicht, welcher Art die verschiedenen Blitzlich-Quellen sind, und selbst Holz bleibt nicht gänzlich unbeeinflusst. Es soll ja auch um leichte Verständlichkeit in der BesucherInnen-Kommunikation gehen, da ist ein generelles Blitzlichtverbot sicherlich sinnvoller als jeder Versuch einer Differenzierung. Abgesehen davon aber entstehen durch diese Regelung auch die schöneren Bilder, denn wer schon einmal sein Blitzlich in frischer Ölfarbe reflektiert sah, weiß wie gut der Verzicht dem Erinnerungsfoto tut … 😉
Stimmt natürlich. Ich bin aber jetzt schon mehrfach von Museumsbediensteten, die schlichtweg nicht gut geschult waren, wegen eines Autofocus-Hilfslichtleins (nicht aus dem Blitz, aus einem eigenen Lämpchen) dumm angemacht worden, das nun wirklich niemandem wehtut (nicht mal einer Zeichnung, und schon gar keiner Stein- oder Metallskulptur)…
Das nehme ich mal als Anregung auf, auch in unserem Besucherservice-Team nachzufragen, ob der Unterschied bewusst ist. Ansonsten einfach ein wenig Nachsicht üben, Sie glauben gar nicht, welche Absurditäten und Übergriffe bisweilen in Ausstellungen wie selbstverständlich getätigt werden. Kein leichter Job …
Klasse beschrieben. Danke.
Es geht auch nicht nur um Kunstwerke, die in modernen Museen ausgestellt sind. Es geht generell um Inneneinrichtungen und Bilder, die sich in öffentlichen Gebäuden befinden.
Es stellt sich grundsätzlich die Frage: Ist das Fotografieren erlaubt, wenn es nicht ausdrücklich verboten ist?
Verschenkt man mit einem Verbot nicht ein ganz wichtiges Mittel, um Freunde, Bekannte, Fremde optisch auf eine Ausstellung, einen Künstler aufmerksam zu machen? Menschen für Kunst zu interessieren? Ein Bild, eine Skulptur kann man nicht schlüssig erklären.
Kein Interessierter wird auf den Besuch einer Ausstellung verzichten, nur weil er bereits ein Foto daraus gesehen hat. Im Gegenteil. Viele Ausstellungen habe ich nur deshalb besucht, weil mich ein Foto neugierig gemacht hat.
Und gern schaue ich mir heute Fotos an, die ich vor Jahren während des Besuches einer Ausstellung aufgenommen habe.
Lieber Mathias, vielen Dank für Deine Ergänzung. In der Tat weitet sich das Fotoverbot oft auch in Räume aus, bei denen man kaum nachvollziehen kann, woher es rühren könnte. Auch ich bin fest davon überzeugt, dass Bilder eher noch die Lust am realen Erlebnis steigern als dass sie den physischen Besuch überflüssig machen. Soweit also nicht wirklich juristische Einschränkungen uns dazu zwingen, sind fotografierende BesucherInnen nach wie vor im Marta Herford sehr willkommen. Beste Grüße
Roland
Die Illustration ist klasse! Aber auch der ganze Artikel. Sehr gut, dass sich da mal jemand aufs Feld traut. Denn ich sehe natürlich auch, dass man sich damit in einen Prozess begibt, dessen Ausgang nicht gewiss ist. Mit der Gefahr, auch unter besonderer Beobachtung zu stehen. Aber es ist total wichtig, dass auch die „Verantwortlichen“ sich einmischen, zu Wort melden. Und Probleme ansprechen. Aber eben auch zum Verständnis aller ein paar Dinge klar zu stellen. Denn natürlich hat das Bildrecht auch einen Sinn. Es ist nicht ganz so holzschnittartig, wie man sich das vielleicht wünschen möchte. Erlaubnis oder Verbot. Ja oder Nein. Und leider ist es ja oft auch mit Ärger und Frust verbunden, was da derzeit abläuft. Auch und vor allem auf Seiten der Rezipienten oder Blogger, für dich ich hier mal sprechen darf. Die Unsicherheit in der Frage der Bildrechte wirkt sich ja auch auf das Bloggen aus. Auf das Berichten aus Ausstellungen. Wenn es um nicht unerhebliche Geldsummen geht, dann hat man da schlichtweg auch Angst! Und das ist kein gutes Gefühl, wenn es doch darum gehen sollte, gemeinsam pro Kunst und Kultur zu wirken. (Und man möchte auch nicht immer über Alte Meister schreiben. Wobei da kann es ja auch Bildrechte … ach, das führt jetzt zu weit).
Vielleicht gibt es ja jetzt Bewegung in der Sache. Wenn mal einer aufsteht, folgen vielleicht andere! Das wäre fantastisch. Wenn man mal weiter in Richtung Zukunft gehen könnte.
Vielen Dank für diesen Beitrag und herzliche Grüße von Anke
Es ehrt mich, dass dieser Schritt an die Öffentlichkeit jetzt gerade so positiv und begeistert aufgenommen wird. Aber auch zuvor schon hat es immer wieder Stellungnahmen dazu gegeben, man merkt nur häufig, dass es oft eine bestimmte kritische Masse braucht, damit eine Bewegung wirklich spürbar wird. Vielleicht konnte ich, konnten wir dazu ja einen Beitrag leisten. Angst ist auf jeden Fall der schlimmste Begleiter, den wir dem Engagement für Kunst und Kultur wünschen können.
Was die Zukunft angeht bin ich – ehrlich gesagt – hin und her gerissen. Einerseits glaube ich auch, dass wir mit wachsender Breite der Diskussion bedeutende Schritte vorankommen können. Andererseits beobachtet man immer wieder, dass die maßgeblichen Entscheidungen an ganz anderer Stelle getroffen werden. Wenn ich da an die beiden jüngsten Gerichtsurteile (EUGH und Landgericht HH; Link morgen in Teil 2) denke, die nun tatsächlich die dauerhafte Verantwortlichkeit für den Inhalt einer Verlinkung festschreiben, dann wird mir ganz schwindelig. Aber man würde das alles ja gar nicht machen, wenn man nicht Optimist wäre. Also weiter … 🙂
Beste Grüße, Roland Nachtigäller
P.S.: Und ja, die Zeichnung ist toll. Ich war wirklich platt, als unser Mitarbeiter Carsten Gude mir den Entwurf vorlegte: super gedacht und super gemacht! Danke noch einmal an dieser Stelle dafür!!
Lieber Herr Nachtigäller,
ich glaube, die ersten Reaktionen – die sehr zahlreich sind, was mich nicht überrascht – zeigen, wie wichtig es ist, das Thema der Bildrechte endlich anzusprechen. Diskussionen innerhalb der Museen und Verlage, aber auch zwischen den Mitarbeitern verschiedener Häuser, gibt es ja seit Jahren. Auch in Blogger-, Fotografen- und Journalistenkreisen wird schon lange diskutiert. Diese Diskussionen öffentlich zu führen, bringt zumindest den Vorteil, dass auch Rezipienten außerhalb dieser „betroffenen“ Kreise für das Thema sensibilisiert weden. Damit klar wird, was hinter den Fotoverboten steht – nämlich komplexe rechtliche Gegebenheiten.
Viele Grüße, Angelika Schoder
musermeku.org
Liebe Angelika Schoder, ich war dann – obwohl ich eine gewisse Aufmerksamkeit für diese Themensetzung erwartet hatte – doch sehr überrascht über die äußerst breite Reaktion und die extrem hohe Reichweite der Tweets, Fb-Meldungen und Blogbeiträge. Das lässt sehr hoffen! Erstaunt war ich auch, dass sich eine Betroffenengruppe, nämlich die KünstlerInnen so zaghaft nur zu Wort meldet. Aber vielleicht kommt das noch. Und ich gebe Ihnen absolut recht: Es war höchste Zeit, die komplexen Zusammenhänge nochmal weiter in die Breite zu tragen (Wolfgang Ullrich hat damit ja dankenswerterweise sehr offensiv begonnen), denn auch wir haben im Museum bei aller Aufgeschlossenheit oft viele Fragen und einiges Unverständnis beim Publikum registriert. Halten wir die Kugel also am Rollen!
Herzliche Grüße, Roland Nachtigäller
Vielen Dank für diese Serie. Als Bloggerin, die wegen der Fotoverbote oft nicht berichten kann, verstehe ich nun die Probleme der Museen besser. Bisher kannte ich nur die diffusen Einwände à la Reiss-Engelhorn, aber dass selbst die, die eigentlich wollen, gar nicht können, war mir nicht so klar.
Das freut mich sehr, dass ich mit dieser Empörung über eine Situation zugleich auch ein wenig mehr Transparenz auf die Hintergründe schaffen konnte. Umgekehrt habe ich nicht erwartet , dass Blogger wegen der Problematik schon in so gravierendem Maße auf Beiträge verzichten (siehe auch den Kommentar von Michelle van Veen: https://musermeku.org/2017/02/08/bildrechte-im-museum/#comment-1789). Mit herzlichen Grüßen, RN
Das ist ANSTRENGEND: das Programm hat alles Geschriebene gelöscht, weil ich vergessen habe, die Pflichten zu erfüllen…also nochmal…ein Künstlerfreund hat mich gestern auf diesen Blog aufmerksam gemacht und ich finde, das Ganze schreit zum Himmel…ich als beruflicher Bildender Künstler lebe von der Verbreitung, von dem Kommunizieren über meine Arbeiten – seien es Lobhümnen oder (positive) Skandale und dazu gehören „Bilder“ – gut, in diesem Fall sind es nun Fotos ! so what, es sind relativ primitive technische Fotos und keine Profi-Repros, mit denen MAN kommunizieren möchte – verbreiten möchte…wenn die VGBild nun dafür von dem Veranstalter, von der Instituion oder von der Presse so viel Geld haben möchte, dass DIE dann nicht mehr berichten können – wem dient das Ganze dann? Sollte es nicht ursprünglich zum Schutze des Künstlers sein, wird da etwa wieder GELD gerochen und gemacht?? Ich kann getrost auf die Einnahmen von VGBild verzichten ( einmal Gourmet-Essen…hahahah), wenn der Preis der ist, dass mich keiner mehr verbreiten kann oder will…ich habe schon oft auf meine Bildrechte verzichtet, damit der Veranstalter nicht noch mehr investieren muß, der ja schließlich auch Geld in die Hand nimmt, weil er an meine „Kunst“ glaubt und und und…MAN sollte immer darauf achten, dass es eine win-win Situation für beide Seiten ist und keiner eine A-Karte zieht oder „Opfer“ spielen muss…von meinem Beruf leben zu können ist schwer genug und ich hatte mir Das auch leichter vorgestellt und solche politischen Entscheidungen oder Entwicklungen machen es IMMER schwieriger und interessieren mich eigentlich auch nicht. Ähnlich die Debatte mit der Mwst-Erhöhung der Galerien – WAS FÜR EINE FARCE…mein anteiliger Gewinn ist nun nochmal geschrumpft, weil sich natürlich der Galerist die „Mehraufwendungen“ mit mir teilt und sie mir mitauferlegt, allerdings darf ich meinen steuerpflichtigen Anteil weiterhin alleine bezahlen – so weit hat das Finanzgenie mit dem Genie-Einfall dann eben doch nicht gedacht…ich bin schockiert und wütend, dass ich mich mit Diesen Dingen befassen muß, weil Behörden oder Institutionen nicht sozial denken und handeln und es nicht können, bekommen aber regelmäßig Entgeld für ihre Leistungen….was für ein Traum ist das hier…naja, ich werde heute aus der VGBild austreten und mal wieder „verzichten“, damit meine Kunstmaschine weiterlaufen kann und meine Liebste werde ich trotzdem, jetzt erst Recht, zum Essen einladen, auch ohne Ausschüttung…
herzliche Grüße an das Marta Team und an R N…Ulrik Happy Dannenberg
Lieber Ulrik Happy Dannenberg, das mit dem Essengehen finde ich hervorragend, das sind in jedem Fall gute Investitionen ins Leben! Ansonsten danke ich Ihnen sehr für die Künstlerperspektive, die manchmal viel zu schnell unter den Tisch fällt und mindestens ebenso wichtig ist. Ob sie gleich aus der VG Bild-Kunst austreten müssen, da bin ich mir gar nicht sicher, man muss sich nur leider mit der Materie etwas intensiver beschäftigen. Soweit ich informiert bin, gibt es durchaus Gestaltungsspielraum, wie Sie sich letztendlich vertreten lassen möchten.
Guten Appetit und Grüße aus dem Marta-Team zurück,
R.N.
Ein Fotografierverbot erspart viel Ärger!
Museen müssen für sich und die Besucher/innen Rechtssicherheit schaffen. Dazu gibt es so etwas wie Besucherordnungen. Ist Fotografieren erlaubt? Wo und wann? Am einfachsten ist es, grundsätzlich ein Verbot auszusprechen – dann kann nichts schiefgehen und die Lage ist eindeutig. Niemand kann hinterher klagen – kein Künstler, aber auch keine fotografierte Besucherin. Jede Form von Genehmigung hat schließlich kompliziertere Konsequenzen als ein Verbot. „Fotografieren zu privaten Zwecken erlaubt“: Was ist „privat“? Fotos auf Instagram jedenfalls nicht. Wenn ein Wach- und Schließdienst im Museum tätig ist, wird es sehr schwer, das Fotografierverbot oder eine punktuelle Erlaubnis „weich“ zu halten – hier darf man fotografieren, dort nicht..: Die Menschen brauchen eine einheitliche Anweisung, die sie umsetzen und vertreten können. Es kommt vor, dass ein Künstler will, dass das Fotografieren in „seiner“ Ausstellung offiziell verboten werden soll, aber wenn einzelne Leute in der Ausstellung privat fotografieren würden, solle man sie einfach lassen. Nur – wie kann man diese Botschaft über externe Firmen und Zuständigkeiten hinweg so transportieren, dass der einzelne arme Wachhabende, der jeweils in der Ausstellung steht, die Entscheidung fällen kann und soll!? Raten Sie mal, wie das ausgeht! Wenn er „Nein“ sagt, macht er nichts falsch.
Ich will damit sagen: Die Museen sind in einem Dilemma. Letztendlich müssen sie den Mut haben, mit einer Fotografier-Erlaubnis potentiellem Ärger, Anwaltsschreiben und Kosten in Kauf zu nehmen. Da sind die Verantwortlichen auf der Leitungsebene gefragt. Sie müssen über das Kosten/Nutzen-Verhältnis entscheiden.
Liebe Jutta Frings, herzlichen Dank für Ihre klare Haltung zu diesen Fragen und sorry für die späte Antwort. Aber manchmal muss ich die Direktorenpflichten dann doch vor die Blogbeobachtung stellen.
Der entscheidende Punkt Ihrer Anmerkung liegt tatsächlich im letzten Satz, und von dort lassen sich dann die von Ihnen genannten Aspekte noch einmal neu betrachten. Ich bin in der Tat der Meinung, dass die Frage der Fotografiererlaubnis im Museum auf höchster Ebene verhandelt und entschieden werden muss. Hier erwarte ich von mir und meinen KollegInnen den Mut zum klugen Abwägen, die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung und die Aufmerksamkeit dafür, im Zweifelsfall nicht gleich die vermeintlich „sicherste“ oder „bequemste“ Lösung zu wählen.
Im Museum treffen viele Interessen aufeinander und die Besucher stehen einerseits am Ende dieser Abhängigkeitskette und sollen andererseits in den Mittelpunkt rücken. Genauso wie ich es für eine arge Fehlentwicklung halte, Ausstellungen von „Wachhabenden“ beaufsichtigen zu lassen, statt mit einem eigenen Besucherservice auf Kommunikation und Austausch zu setzen, so geht es für mich auch grob in die falsche Richtung, für Besucher über Hinweisschilder, Erläuterungstafeln und Hausordnungen Klarheit schaffen zu wollen. Das produziert nicht nur eine unangenehme Atmosphäre rund um den Ausstellungsbesuch, sondern wird im Regelfall auch erst einmal übersehen, überlesen oder ignoriert. Haben Sie beim Installieren z.B. einer App schon je die Geschäftsbedingungen des Unternehmens gelesen, die Sie aber gleichzeitig akzeptieren müssen?
Auch wenn uns an vielen Stellen vielleicht die Hände gebunden sind, mein Wunsch ist es zumindest, mit unserem Publikum auf andere Weise in Kontakt zu treten.
Lassen Sie uns gemeinsam ausprobieren, wie viel letztlich möglich ist, und Wege erkunden, an deren Potenzial wir bisher vielleicht noch gar nicht gedacht haben.
Viel Erfolg weiterhin bei Ihrer engagierten Arbeit,
mit herzlichen Grüße
Roland Nachtigäller
Interessant finde ich das auch, wenn Architektur (im Sinne von tatsächlich umgesetzten öffentlichen Bauwerken, nicht im Sinne von Plänen oder Entwürfen) betroffen ist. Ich war mit einer Freundin in der Stadtbibliothek Stuttgart. Da sie eine Spiegelreflexkamera umgehängt hatte, wurde sie vom Wachmann angesprochen und musste eine Vereinbarung unterschreiben „wegen des Urheberrechts des Architekten“. Ich musste mit meinem Smartphone, das ich nach der Qualität der Kamera ausgesucht habe, nichts unterzeichnen, habe aber auch sehr gute Innenaufnahmen gemacht. Eigentlich dürfte ich sie jetzt nicht (nicht einmal nicht-kommerziell) veröffentlichen. Das ist doch absurd bei einem öffentlichen Gebäude.
Es gibt in der Tat sehr viele Absurditäten, nicht nur im Urheberrecht selbst, sondern auch in dessen praktischer Umsetzung. Vielfach ist dies schlicht Ausdruck großer Verunsicherung und unausgegorener Konzeptionen. In Innenräumen allerdings – auch von öffentlichen Gebäuden – herrscht das sehr eindeutige Hausrecht des Besitzers, was klar zu unterscheiden ist von der Panoramafreiheit auf der Straße. Auch bei uns im Museum gibt es Beschränkungen bezüglich des Fotografierens, wenn es z.B. um professionelle, werbende Aufnahmen geht, deren Erlaubnis in unserem Fall mit einer Sponsoringpartnerschaft verbunden ist. Technische Unterscheidungen machen eher weniger Sinn, nur das Stativ markiert häufig die Grenze zur Profifotografie, die gesondert zu beantragen ist.