Kritische Szenographie. Die Kunstausstellung im 21. Jahrhundert
Eine Ausstellung ist ein Raum, der, im Normalfall von einem Kurator oder Künstler betreut, für einen begrenzten Zeitraum ein Publikum belehrt, provoziert oder sonst wie unterhält.
Die Flut von Texten, die sich eigens mit dem Phänomen und den Mythen des Ausstellungsmachers und den heute möglichen Ausstellungsformaten beschäftigt, ist inzwischen kaum noch zu überblicken.Die jetzt erschienene umfangreiche und von Kai-Uwe Hemken herausgegebene Textsammlung Kritische Szenographie. Die Kunstausstellung im 21. Jahrhundert kommt in dieser Situation gerade rechtzeitig. Es versammelt ca. 35 Texte von renommierten Autoren wie beispielsweise Walter Grasskamp, Ute Meta Bauer, Peter Weibel, Martin Seel u. a. zu einer repräsentativen Sammlung des Phänomens der Kunstausstellung der Gegenwart. Obwohl einzelne Texte zum Teil bereits vor Jahren erschienen sind, liest sich das Buch anregend, teilweise aber etwas akademisch zäh. Ein Text mit dem Titel wie „Das digitale Archiv und seine Inszenierungen“ markiert, dass die Zukunft der Kunst und des Museums von der Gegenwart ihrer technischen Veränderungsmöglichkeiten und ihren performativ erweiterten Vermittlungsformaten abhängen wird.
Ausstellungen zu besuchen macht Spaß und ist nicht selten auch eine intellektuelle Herausforderung. Wenn man in diesem Band etwa erfährt, wie Walter Grasskamp den genial agierenden Harald Szeemann als Kurator darstellt und als Helden durchschaut, wird deutlich, wie sehr der Kurator auch ein Zeitgeistphänomen darstellt: Szeemann verkörperte, so Grasskamp, äußerst erfolgreich den großen Zauberer, der einem Künstler gleich, eine inspirierte Ausstellung nach der nächsten aus seinem Hut hervor zog. Heute hat sich der Hype um die Kuratoren etwas gelegt. Das Phänomen des Ausstellungmachens gehört ohne Zweifel zu den sozial anerkanntesten und sehr begehrten Praktiken in einer Gesellschaft, die vor lauter Innovationsprojekten gar nicht mehr erkennt, in welche Fallen sie dabei geraten kann. Die Ausstellung ist heute eben vieles gleichzeitig: Begegnungsraum, Theoriegebäude, Luftschloss, Konzentrationsinsel. Man muss diesen Band nicht von A bis Z lesen wollen. Wer allein die Titel der Essays überfliegt, erkennt, wie sehr die heutige Wirklichkeit zu einer Ausstellungsmaschinerie geworden ist – mit allen daraus erwachsenden Konsequenzen, Herausforderungen und Grenzen für Künstler, Kuratoren und nicht zuletzt für den kollektiven Akteur, das unkalkulierbar agierende Publikum.