Zwischen den Welten – Diversität in der Kunstvermittlung
Die im vergangenen Oktober stattgefundene Tagung „Zwischen den Welten. Museen im Angesicht von Flucht und transkulturellem Dialog“ beschäftigte mich noch eine ganze Weile und tut es heute noch.
Über zwei Tage wurde im Walraff-Richartz-Museum in Köln vorgetragen, diskutiert und bisherige Erfahrungen ausgetauscht. Die ausgebuchte Veranstaltung stand unter der Schirmherrschaft der Staatsministerin für Kultur und Medien und wurde unter anderem von der Bundeszentrale für politische Bildung, dem Museumsdienst Köln und dem Bundesverband Museumspädagogik e.V. organisiert. Die Kulturbloggerin Anke von Heyl begleitete über Twitter.
Ich möchte an dieser Stelle keine Lösungsvorschläge oder Praxisbeispiele geben, sondern diese Tagung zum Anlass nehmen, ein paar Gedanken an unsere Blogleser weiterzugeben. Die Themen Diversität und besonders Transkulturalität betreffen die Arbeit in der Kunstvermittlung nicht erst seit kurzem, sondern sind fester Bestandteil unseres täglichen Denkens. Doch die aktuelle Fluchtsituation erfordert erst recht die Reflektion und Befragung der eigenen Arbeit.
- Wie können wir uns positionieren?
- Welche Möglichkeiten bieten wir, wie öffnen wir uns?
- Sind unsere Ansätze nachhaltig?
- Haben wir einen roten Faden?
- Kann man überhaupt einen roten Faden haben?
Schon bei der Planung von Vermittlungsangeboten für Kinder und Jugendliche, die fester Bestandteil unseres Alltags ist, trifft man auf eine ganz natürliche und selbstverständliche Diversität. Im Idealfall wird möglichst jedes Kind individuell angesprochen, um so dieser Vielfalt gerecht zu werden. Daneben versuchen wir Bezüge zu der aktuellen Gegenwart, zum Alltag und zur Lebenswelt aller Besuchergruppen herzustellen, denn gerade die gegenwartsbezogene Vermittlung kommt dem musealen Auftrag, im „Dienste der Gesellschaft und ihrer Entwicklung“ (Icom Deutschland 2006, S. 29) zu wirken, entgegen.
Projektarbeiten wie die „Malstube Ulmenstraße“ in Zusammenarbeit mit dem DRK Herford sind erste Schritte, mit denen unser Museum, über die alltägliche Situation hinaus, nach Außen tritt. Als zeitgenössisches Museum, das Wechselausstellungen zeigt, haben wir auch unabhängig von solchen Projekten eine gute Grundlage multiperspektivische Konzepte zu entwickeln und in experimenteller Weise auf die Entwicklungen der Gesellschaft einzugehen. Ein Begriff, der auf der Tagung wiederholt fiel, ist „Nachhaltigkeit“. Nachhaltigkeit meint hier, dass sich der gesamte Museumsbetrieb dafür sensibilisiert, Aspekte der Offenheit und diese kulturell unabhängige Multiperspektivität dauerhaft zu berücksichtigen und flexibel zu bleiben.
Bezogen auf die aktuelle Fluchtsituation kamen mir folgende Gedanke in den Kopf: Wenn man Geflüchtete als eigene Zielgruppe begreifen würde, würde man sie damit nicht in eine Schublade einordnen und isoliert betrachten? Und vielleicht sogar dem kulturoffenen Ansatz widersprechen?
Wie bereits Künstlerin und Kunstvermittlerin Carmen Mörsch bemerkte, gibt es sie wohl nicht, „die Zielgruppe Flüchtling“, sondern viel mehr das Ziel mit großer Sensibilität auch auf Geflüchtete, und die kulturelle Vielfalt im Allgemeinen zuzugehen und das Museum als Ort der Begegnung zu begreifen.
So freue ich mich auch auf das Jahr 2017 im Museum Marta Herford und bin gespannt auf unsere Ausstellungen und anstehende Projekte.
Autorinnenhinweis
Yasmin Götza ist seit Mai 2016 als wissenschaftliche Volontärin in der Abteilung Bildung & Vermittlung tätig.
2 Replies to “Zwischen den Welten – Diversität in der Kunstvermittlung”
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Hallo Yasmin,
schade, dass wir uns gestern nicht kurz kennengelernt haben! Ich war ja mit den Herbergsmüttern bei euch!
Toll, dass du dich nochmal mit der Tagung beschäftigt hast, ich werde deinen Beitrag gerne nochmal auf dem Tagungsblog verlinken, dass ich zur Begleitung von „Zwischen den Welten“ geführt habe.
Mir hat die Tagung auch sehr viel zu denken mitgegeben. Und die vielen tollen Ansätze in den Häusern quer durch Deutschland fand ich wirklich beeindruckend. Es passiert wirklich schon viel. Aber wie du ganz richtig sagst: Es geht um Nachhaltigkeit. Und da sehe ich z.B. dass das Museum durchaus eine Rolle spielen könnte in der Willkommenskultur. Dass es sich als ein Ort definieren kann, an dem sich Menschen treffen und auch mit ihren Anliegen ernst genommen werden.
Wenn ich mir so überlege, was das Anliegen von Menschen mit Fluchterfahrung sein könnte, dann ist das vielleicht vor dem Bedürfnis nach Kunst und Kultur die Frage, wie es weitergeht. Das ist vielleicht auch das Bedürfnis danach, Deutsch zu lernen, einen Job zu bekommen. Zukunft zu planen. Und ich denke, dass man hier durchaus Aufgaben übernehmen könnte.
Es gibt tolle Ansätze, über Kunst auch die Sprache zu trainieren oder kulturelle Unterschiede zu diskutieren. Ein Schritt, der entscheidend für das Ankommen sein kann. Die Möglichkeit der Jobs in Museen ist natürlich ein heikles Thema. Sollte aber durchaus auch mal bedacht werden. Es geht um Gespräche, um kreative Ansätze für das Zurechtfinden in einer neu zusammengesetzten Gesellschaft. Hier wird deutlich, dass das auch in beide Richtungen gehen kann!
Ressourcen sind auch hier das Zauberwort. Da muss natürlich entsprechend Zeit und Geld zur Verfügung gestellt werden. Aber an Inspiration fehlt es sicher nicht.
Ich zupfe hier auch nochmal den Link zum Storify rein, das ich zur Tagung gemacht habe
https://storify.com/kulturtussi/zwischen-den-welten
Vielen Dank für diesen Beitrag und herzliche Grüße
Anke
Wie du schon sagst: es
Hallo Anke,
es wird sich bestimmt nochmal eine Gelegenheit bieten, um sich kennenzulernen. Wenn nicht auf einer anstehenden Tagung, dann spätestens im Marta. Ich hoffe, du hattest hier eine gute Zeit!
Mit der Tagung, oder viel mehr mit den Themen Transkulturalität, sich wandelnden Gesellschaften, der Rolle des Museums und einer grundlegenden Sensibilisierung, beschäftige ich mich zunehmend und finde es immer wieder spannend, verschiedenste Ansätze kennenzulernen und sich darüber austauschen zu können.
Gerade in der Vermittlungsarbeit bzw. im Museum allgemein gibt es hier viel zu reflektieren – das bisherig Gelernte muss vielleicht wieder „verlernt“ werden, umso neue Blickwinkel und Ansätze finden zu können. An Ideen und Inspiration, wie du schon geschrieben hattest, mangelt es auf jeden Fall nicht.
Ich schicke dir viele Grüße aus dem Marta
Yasmin