5 Fragen an Angela Kahre
Als Leiterin des Teams „Bildung & Vermittlung“ ist Angela Kahre verantwortlich für den Bereich Kunstvermittlung aller Besuchergruppen. Dazu gehört das Organisieren und Planen der Führungen, die Entwicklung von Workshops für Schulen, Universitäten und Freizeitgruppen und auch der Vermittlungsangebote für Kita-Kinder.
Im Rahmen des von der Robert-Bosch-Stiftung geförderten Projekts „Kunst & Spiele“ entwickelt Marta Herford seit Mai 2018 gemeinsam mit dem Museum Ostwall im Dortmunder U und mit weiteren Bildungspartnern aus der Region neue Vermittlungsangebote für Kinder zwischen drei und sechs Jahren. Des Weiteren gehört an beiden Orten jeweils ein Berufskolleg zu den Partnern, um Aspekte der kulturellen Bildung eng mit der Ausbildung von Erzieher*innen zu verknüpfen. Ich durfte Angela Kahre dazu 5 Fragen stellen.
Was genau ist „Kunst & Spiele“?
Um es auf den Punkt zu bringen: Kulturelle Bildung von Anfang an. Aber jetzt mal etwas genauer: Das Projekt wurde 2013 von der Robert-Bosch-Stiftung ins Leben gerufen. Die Stiftung legt dabei Forschungsergebnisse zu Grunde, die belegen, dass eine frühe Begegnung mit Kunst und Kultur die Entwicklung des Kindes im kognitiven, emotionalen, sprachlichen und sozialen Bereich fördert. Das Programm möchte, dass schon kleine Kinder möglichst vielfältig an kulturellen Bildungsangeboten partizipieren – unabhängig von Herkunft oder sozialem Status. Dazu hat die Robert-Bosch-Stiftung Akteure aus den Bereichen darstellende und bildende Kunst, Musik, Medien und Film aufgerufen sich zu beteiligen. Zur Zeit sind bundesweit 18 Kultureinrichtungen aus eben genannten Bereichen dabei: Museen, Orchester, Theater(gruppen), Filminstitute bilden jeweils Tandems, die über einen Projektzeitraum von 2 Jahren gemeinsam Angebote und Programme für Kinder von drei bis sechs Jahren entwickeln, ausprobieren und etablieren.
Durch die großzügige Förderung der Stiftung entsteht in den jeweiligen Einrichtungen ein Zeitkontinuum, dass es erlaubt, sich intensiv und qualitativ mit den Themenbereichen der frühkindlichen Bildung und der Förderung der kreativen Potenziale zu beschäftigen. Die Programmteilnehmenden werden während des Projektzeitraums nicht nur finanziell gefördert. Begleitende Treffen und Fortbildungen für alle und vor allem über alle künstlerischen Grenzen hinweg ermöglichen einen wertvollen Austausch und interdisziplinäre Anregungen zur Planung der eigenen Vermittlungsangebote. Wenn ich mitbekomme wie z.B. ein Filminstitut mit Kita Kindern zusammen arbeitet, regt das das Nachdenken und Planen auch für die eigene Arbeit an.
Wie ist es zu der Teilnahme am Projekt gekommen?
Wir hatten uns schon für den ersten Projektzeitraum 2013 bis 2015 beworben, damals aber leider eine Absage bekommen. Zur neuen Projektphase sprach uns das Museum Ostwall aus Dortmund an, ob wir Interesse haben mit Ihnen ein Tandem zu bilden. In einem gemeinsamen Bewerbungsschreiben haben wir unsere Wünsche an das Projekt formuliert, auch hinsichtlich Visionen und einer Nachhaltigkeit für unsere Vermittlungsarbeit.
Gibt es schon konkrete Ergebnisse?
Ja, auf jeden Fall. Zurzeit befinden wir uns in einer Experimentierphase. Wir haben als Bildungspartner für Herford eine evangelische Kita aus Enger mit im Boot. Die Kinder kommen momentan häufig ins Museum – vor allem in kleinen Gruppen. Das ist ein wichtiger Aspekt, den wir auch zukünftig beibehalten wollen. Derzeit nehmen wir bis zu 15 Kinder in einem Workshop auf, im Rahmen des Projektes können wir ohne finanzielle Einbußen mit 6 Kindern pro Ausstellungsbesuch die Kunst erleben. Da stellen wir eine deutliche Qualitätssteigerung fest. Durch die kleinere Gruppe haben die Kinder mehr Zeit und Raum und den brauchen sie, um die neuen Eindrücke zu verarbeiten.
In der Zusammenarbeit mit dem AWO Berufskolleg bieten wir den angehenden Erzieher*innen innerhalb des Projekts die Möglichkeit, einen Schwerpunkt kulturelle Bildung in ihrer Ausbildung zu vertiefen und vor allem das Museum als Ort für eigenes ästhetisches Handeln zu entdecken. Wir sind in einem engen Austausch über die Erfahrungen und bilden ein Netzwerk. Von den Kolleginnen in Dortmund nehmen wir viel Erfahrung hinsichtlich der Methoden auf, die sie ja schon im Vorfeld entwickeln und evaluieren konnten.
Welche Relevanz hat das Projekt Kunst&Spiele im Hinblick auf die Museen
Es sind über das Projekt ja nicht nur Museen angesprochen, sondern wie schon beschrieben Kultureinrichtungen aus allen Sparten. Gerade der interdisziplinäre Blick, der sich entwickelt, z.B. wenn wir ein Gesamttreffen haben, einen Round Table oder auch ein Coaching, ist sehr wertvoll für die eigene Arbeit. Es entsteht ein solidarisches Gefühl und das Wissen darum, dass wir nicht isoliert in den einzelnen Häusern arbeiten, sondern dass wir Visionen und Erfahrungen teilen können. Alle beteiligten Einrichtungen können sich über die Wertschätzung durch die Projektförderung freuen und sind bestrebt die Erfahrungen zu verstetigen. Dazu braucht es nach Abschluss der Projektphase natürlich auch eine Offenheit für die Zielgruppe Kind im jeweiligen Haus und viel politischen Willen, um die Erfahrungen auf möglichst viele Gruppen, Erzieher*innen und Kinder zu übertragen –inhaltlich und finanziell. Oder mit anderen Worten: Kultureinrichtungen und Politik sind wirklich offen für die Bildungsprozesse der Kinder.
Wieso stellen Kinder einen wichtigen Teil der Zielgruppe von Museen dar?
Was soll ich darauf antworten? Ich gehe als Pädagogin natürlich davon aus, dass die Kinder in allen gesellschaftlichen Feldern ein selbstverständlicher Teil des Ganzen sind. Speziell im Museum können wir ihnen Begegnungen aufzeigen, die geprägt sind von sinnlichen Zugängen. Während wir viele Erwachsene bei Führungen über den Intellekt, das Wissen, die Information oder die biografischen Bezüge ansprechen, haben die Kinder einen viel direkteren sinnlichen Zugang zur Kunst. Und ein großes Selbstverständnis im Umgang mit Kunstwerken. Sie beherrschen zwar noch nicht die „Kulturtechnik“ Museumsbesuch, aber sie haben oft intuitive Zugänge zu den Kunstwerken, von denen wir als Erwachsene lernen können.
Um Kinder ins Museum zu holen, müssen wir viele Wege gehen: familienfreundliche Angebote machen, Workshops anbieten, die die Wünsche der Kitas und Schulen verstärkt mit berücksichtigen und vor allem auch über Transportmöglichkeiten zwischen Kita, Schule und Museum neu nachdenken. Häufig wird argumentiert, dass die Kinder die Museumsbesucher*innen von morgen sind und wir sie deshalb besonders berücksichtigen sollten. Das ist richtig. Darüber dürfen wir aber nicht vergessen, dass sie auch die Besucher*innen von heute sind und wir nicht nur zielgerichtet auf die Zukunft hinarbeiten, sondern eine Vielfalt jetzt und heute anbieten.