5 Fragen an Björn Schülke
Die Ausstellung „Magie und Macht“ beschäftigt sich mit dem uralten menschlichen Traum vom Fliegen. Vom Teppich aus Tausendundeiner Nacht bis hin zum Flugobjekt auf dem aktuellen technischen Standard – wie die Drohne.
Für Björn Schülke stehen diese komplexen Flugmaschinen im Fokus seiner Arbeit und sind auch in der aktuellen Marta-Ausstellung zu sehen. Sein hier präsentiertes Objekt „Planet Space Rover“, das optisch an ein Artefakt aus einem Science-Fiction-Film erinnert, reagiert durch eine Kombination von Solar- und Windenergie auf die BesucherInnen. Wie die Multimediaskulptur das erwirkt, wird nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Auch dadurch tauchen unbequeme Fragen auf, etwa nach dem hinter der Ästhetik Verborgenen oder dem für die Steuerung solcher Objekte verantwortlichen Personen oder Mächten.
Vor diesem Hintergrund konnte Gastkuratorin Dr. Anne Schloen dem Künstler Björn Schülke 5 Fragen stellen. Schülke studierte in Bielefeld und Köln, bevor er als Research Artist an das Research Center for Information Technology nach St. Augustin ging. Nach zahlreichen Gruppen- und Einzelausstellungen in New York, Peking, Perth sowie im europäischen Aus- und Inland, ist er nun in der Ausstellung „Magie und Macht – Von fliegenden Teppichen und Drohnen“ mit zwei Exponaten zu sehen.
In der Ausstellung „Magie und Macht“ zeigen wir Deine Skulpturen „Planet Space Rover“ und „Drone #8“. Es handelt sich um sehr ästhetische und zugleich absurde Maschinen, die von Forschung und Wissenschaft, von Flugzeugbau und Raumfahrt inspiriert sind. Wie würdest Du das, was Du machst, definieren?
Die absurde Maschine ist das Schlüsselthema meiner Arbeit. Begeistert war ich bereits in jungen Jahren von Jean Tinguely und Panamarenko. Fasziniert von Flugzeugen und anderen komplexen Maschinen bin ich schon seit meiner Kindheit. Sie üben einen großen ästhetischen Reiz auf mich aus. Architektur und die Strukturen von Leichtbaukonstruktionen sind ebenfalls wichtige Komponenten in meiner Ideenfindung.
In meinen kinetischen Skulpturen versuche ich eine Spannung zwischen High- und Low- Tech aufzubauen. Reduzierte filigrane Strukturen treffen auf eine scheinbar hohe Komplexität der genutzten Technologien. Statik trifft auf Bewegung. Viele meiner Arbeiten spielen mit einer gewissen Produktästhetik. Ich finde es spannend zwischen diversen Bereichen zu jonglieren.
Das Thema der Observation ist seit einigen Jahren ein zentraler Aspekt in Deinem Werk. 2010 hast Du im Auftrag der City of San José den „Space Observer“ realisiert, eine über 8 m hohe Skulptur für den San José International Airport. Warum interessiert Dich der Aspekt der Überwachung so sehr?
Beschützen oder bedrohen uns die neuen Technologien? Was passiert mit all den gesammelten Informationen?
Was sind unsere Erwartungen und welche Auswirkung hat die Überwachung auf die Gesellschaft?
Als ferngesteuerte Flugroboter eröffnen die Drohnen nahezu unbegrenzte Möglichkeiten – für den Warentransport ebenso wie für die Beobachtung feindlichen Terrains, für neue Kamerafahrten in schwindelnde Höhen ebenso wie für lautlose Kriegsangriffe. Welche Chancen und welche Gefahren liegen – Deiner Meinung nach – in dieser technischen Entwicklung?
Zur Zeit steuern US-Drohnenpiloten aus „sicherer“ Entfernung Erkundungen und Angriffe im arabischen Raum. D. h. sie entscheiden über Leben und Tod von vielen tausenden Kilometern aus, sitzen dabei in ihrem klimatisierten Container an der Steuerkonsole und fahren nach Dienstschluss nach Hause zu ihren Familien. Wie hält der Mensch das aus? Ich find das alles sehr unheimlich. Im Übrigen wird ja alles immer autonomer: Programmierte Algorithmen bestimmen die Zukunft. Dann entscheidet die Maschine über gut und böse. Natürlich gibt es immer auch den „zivilen“ Nutzen von neuer Technologie, ob lustiges Spielzeug, Voyeur oder der Drohnen-Medikamententransport auf eine Nordseeinsel (Pilotprojekt für Juist).
Viele Deiner kinetischen Skulpturen sind interaktiv. Mit Sensoren ausgestattet nehmen sie Personen in ihrer Umgebung war, auf die sie dann reagieren – jedoch nicht direkt, sondern meist zeitverzögert und sehr eigenwillig. Das wirkt so, als würden Deine Maschinen selbständig agieren und ein Eigenleben entwickeln. Was genau interessiert Dich an der Interaktion zwischen Mensch und Maschine?
Meine „Maschinen“ sind im Grunde genommen extrem dumm. Interessant wird es für mich, wenn der Betrachter auf die Arbeit eine Art Intelligenz projiziert – und vielleicht sogar etwas Wesenhaftes erkennt.
Deine künstlerische Arbeit ist grenzüberschreitend. Ursprünglich hast Du Fotografie studiert. Jetzt arbeitest Du an der Schnittstelle von Kunst und Technik, von Skulptur und Medienkunst. Oftmals beziehst Du das Medium Musik mit ein und verwendest interaktive elektronische Musikinstrumente. Ende der 1990er Jahre bist Du als Research Artist beim Fraunhofer Institut in Bonn tätig gewesen. Du arbeitest heute mit der neuesten Computertechnik. Wie ist Dein Selbstverständnis als Künstler, siehst Du Dich als Forscher?
Jeder Künstler ist doch eine Art Forscher. Ich habe ein Faible für Maschinen, nutze neue Technologien. Das was da drinnen steckt, ist mir dabei nicht so wichtig. Das Herz schlägt für die Skulptur.
Anne Schloen lebt als freie Kuratorin und Autorin in Köln. Nach dem Studium der Kunstgeschichte in Paris, Marburg/Lahn, London und Köln promovierte sie über „Die Renaissance des Goldes. Gold in der Kunst des 20. Jahrhunderts“. Seitdem hat sie zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland initiiert und kuratiert. Mit dem Marta Herford arbeitete sie u. a. schon für die Ausstellungen „Asche und Gold“ (2012) und „(un)möglich! – Künstler als Architekten“ (2015) zusammen.