5 Fragen an Dominik Halmer
Der Künstler Dominik Halmer geht in der aktuellen Ausstellung „OWL5 – Spurensuche“ der Frage nach, welche Spuren Dinge in der Welt hinterlassen und wie sich diese in unser Bewusstsein einschreiben.
In diesem Zusammenhang zeigt der Künstler zwei Leinwandobjekte und eine Skulptur, die zu einer Rauminstallation verschmelzen. Seine Werke versuchen nicht, eine wie auch immer geartete Realität abzubilden, sondern mithilfe von abstrakten Zeichen und lesbaren Symbolen Assoziationsräume zu schaffen. Im Folgenden beantwortet er fünf Fragen zu seinem Werk.
Du hast einmal in Bezug auf unseren Ausstellungstitel „OWL5 – Spurensuche“ gesagt, dass „das Hinterlassen von Spuren die ursprünglichste malerische Geste ist“. Was reizt Dich daran, Spuren auf der Leinwand zu hinterlassen?
Mit der ersten Spur, die man auf der Leinwand hinterlässt, schafft man sich einen Resonanzraum. Egal wie die Spur konkret aussieht und ob man überhaupt eine Intention mit ihr verfolgt hat, ist schon eine Aussage da, zu der man sich im Anschluss verhalten muss. Plötzlich gibt es eine Präsenz, ein Gegenüber. Besonders bei spontan gesetzten Spuren wird eine direkte Widerspiegelung des Charakters oder der mentalen Verfassung des Autors suggeriert. Dann muss man entscheiden, ob man so sein oder erscheinen will, wie diese Geste einen erscheinen lässt – also zum Beispiel wild, ängstlich, grob, pedantisch, feinfühlig, konzentriert oder locker usw.
Immer wieder tauchen Objekte in Deiner Arbeit auf, denen man eine gewisse Funktion zuschreiben möchte. So meint man beispielsweise Medizinbälle oder verzerrte Basketballkörbe zu erkennen. Wie kommst Du darauf?
Für mich steht immer die Frage im Vordergrund, wie sich ein Bild auf die Welt bezieht; also zum Beispiel, ob sein Referenzhorizont der Kunstbereich und seine Tradition ist oder ob es auch weniger esoterische Zusammenhänge gibt, mit denen es sich verknüpfen kann.
Dabei ist es für mich ein Spiel, einen fremden Kontext in meinen eigenen Bereich, also den des Bildes zu ziehen. Indem ich de-kontextualisiere, kann ich funktionale Gegenstände wie Bälle oder Basketballkörbe als rein formale Elemente zum Teil der Bildkomposition machen. Das Bild öffnet sich damit auf eigentümliche Weise und greift auf andere Bereiche der Lebenswelt über. Der Assoziationsraum, der den Gegenständen weiter anhaftet, schafft oft eine seltsame Spannung zur scheinbaren Selbstgenügsamkeit des Bildes. Diese Konfrontation, die sich aus den Behauptungen, die in der formalen Bildsprache liegen und dem emotionalen „Hintergrundrauschen“, das die Objekte aus ihrem ursprünglichen Kontext (zum Beispiel der Sportwelt) mitziehen, ergibt, kann eine komplexe aber sehr unmittelbare Wirkung haben.
Du spielst in Deinen Werken mit dem Verhältnis von Gegenständlichkeit und Abstraktion. Führst Du die Betrachter*innen bewusst auf falsche Fährten?
Ich mag Vielfalt und Unterschiedlichkeit. Im Bild führt mich das zu unterschiedlichen Maltechniken und Geschwindigkeiten, zu unterschiedlichen Bildsprachen. Das bedeutet dann auch, dass die Bildform innerhalb einer Arbeit variieren kann. Damit meine ich die ganze Spannbreite möglicher Realitätsebenen, angefangen bei Elementen, die für sich stehen, nichts bedeuten, über Zeichen, die eine Information vermitteln, bis hin zur illusionistischen Abbildung. Als falsche Fährte kann das vielleicht verstanden werden, wenn man eine klare Erwartung hat, was ein Bild sein soll.
Durch die Kombination von Leinwänden und skulpturalen Objekten stellst Du eine Verbindung zum dreidimensionalen Raum her und löst damit die klassische Grenze zwischen zweidimensionaler Malerei und dreidimensionalem Objekt auf. Welche Rolle kommt dem / der Betrachter*in dabei zu?
Diese Grenze wurde ja schon vor Langem und von vielen Künstlern aufgelöst. Die Idee, die das Bild als Teil desselben physischen Raumes betont, reizt mich aber vor allem, weil der Betrachter seine Einstellung zu dem Bildobjekt erst finden muss. Der Rahmen, der sonst klar anzeigt, was dazu gehört und was nicht, ist aufgeweicht, wenn die Leinwand Aussparungen hat oder in den Raum marschiert. Das fordert eine eigene Aktivität vom Betrachter. In diesem Sinne habe ich auch manchmal die Bilder beweglich an der Wand montiert oder auf Bällen balanciert – quasi als Aufruf zur Interaktion, die aber mental bleiben soll.
Du hast vor Deinem Studium der Freien Kunst an der Kunstakademie in Düsseldorf Philosophie und Kunstgeschichte an der Humboldt-Universität in Berlin studiert. Inwiefern hat das Einfluss auf Dein Werk und auf Deine Betrachtung von Kunstwerken im Allgemeinen?
Die Sorgfalt mit der man in der Philosophie mit Sprache umgeht, würde ich vielleicht gerne auf die Bildsprache anwenden. Auf meine Betrachtung von Kunstwerken hat diese Zeit aber eigentlich kaum Einfluss. Damals habe ich mir eigentlich nur die Seminare ausgesucht, die mich aus künstlerischer Sicht interessiert haben. Bei mittelalterlichen Heiligendarstellungen zum Beispiel waren es nicht so sehr die historischen Fakten, sondern die unmittelbare Bildpräsenz und die collagehaft konstruierte Sinneinheit, die mich begeistert haben.