5 Fragen an Dr. Andreas Hänel
Mit der Erfindung der Glühbirne zog Ende des 19. Jahrhunderts das elektrische Licht in unsere Städte ein. Doch die künstliche 24-Stunden-Beleuchtung hat gravierende Auswirkungen auf Mensch und Tier.
In der Ausstellung „Im Licht der Nacht“ schlägt Marta Herford mit rund 100 Werken einen großen Bogen vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart. Was damals mit einer breiten Elektrifizierung begann, zeigt sich heute in unserer sogenannten 24-Stunden-Gesellschaft, die das klassische Ordnungsprinzip von Hell und Dunkel aufzulösen scheint. Doch was für Auswirkungen hat die Aufhellung des Nachthimmels auf uns und unser Ökosystem? Dr. rer. nat. Andreas Hänel, Sprecher der Fachgruppe Dark Sky und ehemaliger Leiter des Planetariums im Museum am Schölerberg Osnabrück, hat uns fünf Fragen zum Thema Lichtverschmutzung beantwortet.
Sie sprechen vom „Verlust der Nacht“ – was meinen Sie damit?
Durch die zunehmende künstliche Beleuchtung geht die Dunkelheit der Nacht verloren, Sterne sind kaum noch zu sehen. Tagaktive Tiere sowie Menschen brauchen die Dunkelheit zum Schlafen, Entspannen und Regenerieren. Aber Dunkelheit ist heute kaum noch zu finden.
Was für Folgen hat Lichtverschmutzung für Astronomie und Forschung?
Die professionelle Astronomie stellt einen wichtigen Teil der physikalischen Grundlagenforschung dar, da am Himmel Beobachtungen von Vorgängen möglich sind, die wir im Labor nicht nachstellen können. Kommunikation, Navigation und unser Wissen vom Kosmos, dies alles wäre letztlich ohne die Astronomie nicht möglich. Doch viele künstliche Lichtquellen wirken blendend, wodurch die Sicht auf schwache Objekte gestört wird. Das unnütz nach oben gelenkte Licht wird in der Atmosphäre gestreut und legt sich wie ein Schleier über das Licht der Sterne. Dadurch sind sie immer schwerer zu sehen. Deswegen, aber natürlich auch wegen der Hoffnung auf eine möglichst große Zahl klarer Nächte, müssen moderne Sternwarten in entlegenen Gebieten errichtet werden. Allerdings sind auch diese, wie etwa die in der chilenische Atacama-Wüste oder auf Hawaii, inzwischen bedroht und haben Gesetze gegen Lichtverschmutzung erlassen müssen.
Was für Folgen hat die 24-Stunden-Beleuchtung für Menschen, Tiere und Pflanzen?
Fast alle Lebewesen sind auf Aktivitäts- und Ruhezyklen angewiesen. Der Mensch braucht die Dunkelheit der Nacht für den Schlaf, störende Helligkeit kann zu Schlafstörungen und gesundheitlichen Problemen führen. Nachtaktive Tiere haben ihre Sinne für die Dunkelheit entwickelt, künstliche Lichtquellen sind für sie blendend hell, was dann oft ihren Tod bedeutet. So wird Lichtverschmutzung auch als eine der Ursachen für das Insektensterben angesehen.
Was muss sich ändern, was kann jede*r von uns tun?
Es ist eigentlich einfach, wenn man sich nur einige Fragen stellt und entsprechend verantwortungsvoll beantwortet:
– Wird eine Lichtquelle wirklich unbedingt benötigt?
– Wieviel Licht wird benötigt? Es sollten eher niedrige Beleuchtungsniveaus gewählt werden.
– Wo wird das Licht benötigt? Das Licht sollte gezielt auf die Nutzfläche gelenkt werden und nicht blendend in die Umgebung strahlen.
– Wie lange wird das Licht benötigt? Es sollte bedarfsorientiert geschaltet werden.
– Welche Qualität hat das Licht? Es sollten möglichst warmweiße Lichtquellen mit geringen Blauanteilen gewählt werden.
Was ist ein Sternenpark und warum ist er wichtig?
Sternenparks sind Regionen (z.B. Schutzgebiete), in denen es noch relativ dunkel ist, wo aber von den Bewohner*innen die gerade angesprochenen Punkte für eine verantwortungsvolle Beleuchtung verfolgt werden. Sternenparks sind daher nicht exotische Enklaven für Sterngucker, sondern sollen Best-Practice-Beispiele für eine nachhaltige umweltfreundliche Beleuchtung mit weitestgehendem Schutz der Nacht sein.
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