Die Liebe zur Doppelseite – 4 Fragen an Grafikerin Jenna Gesse
Was prägt das Erscheinungsbild unseres Museums? Neben dem einzigartigen Bau des Architekten Frank Gehry und den wechselnden Ausstellungen auch unsere Druckprodukte – Publikationen, Flyer, Einladungskarten und das Marta-Magazin.
Dafür verantwortlich ist u.a. die Grafikerin Jenna Gesse, die gerade an der Publikation zu unserer kommenden Ausstellung „Zwischen Zonen“ arbeitet.
Du hast an der FH Bielefeld Grafik und Kommunikationsdesign studiert, worauf hast du dich während deines Studiums spezialisiert und wie ging es nach deinem Diplom beruflich für dich weiter?
Ich habe im Studium mein Interesse für Typografie – also für den Umgang mit Schrift – entdeckt und mich sehr viel damit beschäftigt … So viel, dass ich es heute in Berlin unterrichte. Außerdem gab es zu der Zeit an der FH das „Institut für Buchgestaltung“. Dort entstand meine Liebe zur Doppelseite, sodass die Gestaltung von Büchern ein Schwerpunkt meiner Arbeit wurde. Bis heute habe ich fast 60 Bücher und Magazine gestaltet und war Jury-Mitglied bei den Wettbewerben „Schönste deutsche -“ und „Schönste tschechische Bücher“. Nach meinem Diplom habe ich ein halbes Jahr in einer Berliner Agentur gearbeitet, mich dann aber entschieden, selbstständig zu arbeiten.
Seit einiger Zeit arbeitest du als Grafikerin für unser Museum, gibt es ein Projekt, das für dich einen besonderen Stellenwert einnimmt?
Stimmt. Seit 2011 habe ich einen Großteil der grafischen Arbeiten im Marta betreut und finde es super, das Haus und das Team so gut zu kennen. Besonderen Stellenwert haben für mich oft Projekte, an denen ich längerfristig gearbeitet habe – wie zum Beispiel Publikationen – oder die zu ungewöhnlichen Lösungen geführt haben. Die Möglichkeit, zu einer Ausstellung alles zu gestalten (Leitmotiv, Plakate, Anzeigen, Publikationen, Austellungstypografie etc.) ist auch etwas Besonderes. Aber mittlerweile ist das so umfangreich geworden, dass wir es häufig unter mehreren Grafikern aufteilen.
Was prägt für dich grafisch das Erscheinungsbild unseres Museums?
Die „Swift“. Die Hausschrift des Museums, die nicht in Stein gemeißelt, aber immerhin in Metall gestanzt ist – riesengroß über dem Eingang. Zum zehnjährigen Marta-Jubiläum hat die Hamburger Agentur „büro für mitteilungen“ das Erscheinungsbild überarbeitet. Seitdem gehört auch das Logo „M“ zum Erscheinungsbild, ebenso wie ein sehr klarer Umgang mit Schrift und Bild und eine tolle Publikationsreihe.
Der Katalog für die Ausstellung „Zwischen Zonen – Künstlerinnen aus dem arabisch-persischen Raum“ ist gerade in den Druck gegangen. Die Gestaltung hast du übernommen, wie läuft so ein Prozess von der ersten Idee bis zum Druck typischerweise ab?
Ich versuche mal, es grob zusammen zu fassen: Als erstes lasse ich mir von den Kuratoren erzählen, worum es in der Ausstellung geht und schaue mir das Material an, das bereits vorliegt. Meine erste Skizzenphase besteht nicht aus Zeichnen, sondern aus Schreiben: Ich notiere meine Assoziationen zum Thema. Das kann so etwas sein wie „geschwungen, Glanz, warm, Wüste, Lehm, Stolz …“. Dann überlege ich, wie ich einzelne Begriffe grafisch übersetzen könnte und mache Skizzen auf Papier und am Rechner. Bei „Zwischen Zonen“ habe ich den Begriff Vakuum umgesetzt, durch eine ungewohnte horizontale Trennung – eine Leere, in der Spannung entsteht. Außerdem haben wir im Katalog mit einer Metallic-Sonderfarbe gearbeitet, die für mich eine Übersetzung von Stolz und Weiblichkeit ist (es sind ausschließlich Künstlerinnen vertreten).
Gemeinsam mit dem Marta-Team fällt die Entscheidung für einen Entwurf. Dann beginnt für mich die Feinarbeit am Computer: Format-, Bild- und Textgrößen definieren, Produktionsdetails klären, das Layoutdokument vorbereiten … Irgendwann liegen alle Bilder und Text-Manuskripte vor und können in das Layout eingebaut werden. Das mache ich erst grob und gehe dann immer weiter ins Detail. Um das Gefühl für den Rhythmus innerhalb der Publikation nicht zu verlieren – was am Computer irgendwann passiert, drucke ich mir den gesamten Katalog als Miniatur aus und arbeite parallel damit.
Wenn ich mit dem Ablauf zufrieden bin, stimme ich noch mal alles mit dem Marta ab. Und dann kommt die Fleißarbeit: Satz, Korrekturen, Satz, Korrekturen … Parallel sind die Motive in der Bildbearbeitung, es werden Testdrucke gemacht, bis alles passt – und dann kommt der große Tag der Druckdatenabgabe. Aber richtig freuen kann ich mich erst, wenn ich das „Endprodukt“ in den Händen halte und alles gut ist. Das ist das tolle an Buchgestaltung: Man formt ein komplexes Objekt, das Bestand hat.
Hinweis:
Jenna Gesse lebt und arbeitet in Berlin. Digital ist sie hier zuhause.