Einblick in das „Forschungsvolontariat Kunstmuseen NRW“
Für Bibliotheken ist es heutzutage selbstverständlich, dass Daten über einen Zentralkatalog abgerufen werden können. Wie würde ein solcher Katalog für zeitgenössische, sammelnde Museen aussehen? Dieser Frage widmet sich am Marta Herford ein besonderes Forschungsprojekt.
Seit März dieses Jahres bin ich als wissenschaftliche Volontärin am Marta Herford mit der Entwicklung eines digitalen Verbundkatalogs zur Online-Erweiterung der kuratorischen Arbeit betraut. Was verbirgt sich dahinter und was ist bei diesem Volontariat unter dem Zusatz „Forschung“ zu verstehen?
Ein paar Worte zum Förderprogramm
Vom Land NRW gefördert, haben in diesem Jahr neben mir noch 24 weitere Forschungsvolontär*innen ihre Ausbildungen begonnen. Wir widmen uns neben unserer Ausbildung im Museumsbetrieb den Sammlungen der jeweiligen Kultureinrichtungen und wurden dazu mit individuellen Forschungsprojekten betraut. Begleitet und betreut werden wir dabei von der eigens eingerichteten Koordinierungsstelle am kunsthistorischen Institut der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Sie ist dem Studiengang „Kunstvermittlung und Kulturmanagement“ unter der Professur von Ulli Seegers angegliedert.
Die Koordinierungsstelle ist für uns ein engagierter Ansprechpartner bei der Vernetzung untereinander oder mit anderen Institutionen und leistet unter anderem bei der Suche nach Fördermöglichkeiten Hilfestellung. Daneben werden zweimonatliche Treffen veranstaltet, bei denen externe Expert*innen Vorträge halten, Projekte vorgestellt und Ergebnisse diskutiert werden.
„Sie sind die Avantgarde!“ Mit diesen Worten begrüßte Prof. Dr. Ulli Seegers uns beim ersten Treffen in der Düsseldorfer ZERO foundation. Denn wir sind die ersten Volontär*innen dieses neuartigen Programms, das nicht allein die Ausbildung junger Nachwuchswissenschaftler*innen ermöglicht sondern die Forschung am Museum anregt und deren engere Verknüpfung mit der universitären Forschung fördert.
Was passiert am Marta Herford?
Zum einen beinhaltet mein Volontariat genau das, was sein langer Titel bereits verrät: die „Entwicklung eines digitalen Verbundkatalogs zur Online-Erweiterung der kuratorischen Arbeit“. Aber was genau hat es damit auf sich?
Das erste große Aufgabengebiet ist ebenjene Entwicklung eines digitalen Verbundkataloges. Dieser soll die Kurator*innen und die Sammlungsbeauftragten einzelner beteiligter Museen enger miteinander vernetzen und umfangreiche Datensätze zu den Kunstwerken der Sammlungen und Informationen zu Ausstellungen zugänglich machen. Hierfür wurde bisher ein Projektplan entwickelt, Partnermuseen wurden gefunden und es gab selbstverständlich einiges zu recherchieren: Gibt es ähnliche Projekte? Welche Software nutzen diese? Wie sind die Sammlungen anderer Häuser erfasst? Welche Funktionen braucht ein digitaler Verbundkatalog? Diese und viele weitere Fragen wurden und werden derzeit beantwortet. Mit einem geeigneten informationstechnischen Partner soll dann die praktische Umsetzung der Ideen und Funktionen in Angriff genommen werden.
Die Sammlung Marta ist über die Jahre ihres Bestehens stetig gewachsen. Ein weiterer Teil des Forschungsprojektes ist das Sichten der Sammlung und das Erforschen ebendieser, vor allem einiger bisher weniger betrachteter Kunstwerke. Das umfasst unter anderem die Durchsicht und Erweiterung der bestehenden Sammlungsdaten sowie das Verfassen kurzer inhaltlicher Werktexte.
Was sind die Hintergründe?
Laut dem internationalen Museumsrat ICOM sind die grundlegenden fünf Aufgaben eines Museums das Sammeln, Forschen, Bewahren, Ausstellen und Vermitteln. Das Verleihen und Leihen von Objekten spielt in der Museumswelt eine wichtige Rolle, vor allem in den Bereichen der Forschung und des Ausstellens. Der Leihverkehr von Kunstwerken ist für die Museen jedoch häufig durch ein Abwägen der Risiken und Kosten bestimmt und dadurch oftmals gehemmt. Diese Aspekte fallen auch in der zeitgenössischen Kunst nicht weg, werden aber andererseits ergänzt vom Bestreben der gesammelten Künstler*innen, ihre Werke in der Kunstwelt präsent zu halten und in verschiedenen thematischen Zusammenhängen präsentiert zu sehen. Wodurch auch auf deren Seite ein Interesse an einem regen Leihgeschehen besteht.
Mit dem Zugänglichmachen der grundlegenden Werkinformationen, erweitert um Katalogtexte und weitere Forschungsdaten, bis hin zu Informationen über Ausstellungsbedingungen, soll der geplante Katalog in erster Linie den Leihverkehr zwischen zeitgenössisch sammelnden Museen erleichtern. Er soll also nicht nur die museal gesammelten Werke der Künstler*innen sichtbarer machen, sondern auch die intermuseale Zusammenarbeit fördern und stärken. Im Endeffekt soll sodann ein Repositorium entstehen, das sowohl von Museen als auch von der Forschung genutzt werden kann.
Ausblick
Ein voll funktionsfähiger, reibungslos arbeitender digitaler Katalog ist am Ende meines zweijährigen Volontariates vermutlich nicht zu erwarten. Ein erster Prototyp, mit dem das Projekt bestenfalls weitergeführt und ausgebaut werden kann, ist jedoch das Ziel. Daneben werden alle gewonnenen Antworten zu technischen, kunsthistorischen und juristischen Fragen gesammelt und zum Ende des Projektes veröffentlicht. Eine Einigung auf Dokumentationsstandards bei der Werkerfassung gibt es in der zeitgenössischen Museumswelt noch nicht und daher ist das Aussprechen einer Empfehlung an das MKW NRW ein weiteres gesetztes Ziel. Nicht zuletzt versteht sich das gesamte Forschungsprojekt der Open Source-Bewegung verpflichtet und verfolgt das Ideal, einen Großteil seiner Erkenntnisse und Ergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.