In Quarantäne für die Kunst – zwei ungewöhnliche Wochen in einem thailändischen Hotel
In letzter Zeit haben wir viel über den Einfallsreichtum einiger Länder im Umgang mit der Pandemie gestaunt. So zum Beispiel darüber, dass Hotels zu Quarantänezwecken für Tourist*innen ausgestattet wurden. Auch die Künstlerin Nezaket Ekici musste zwei Wochen lang in einem Hotelzimmer ausharren, um eine Performance in Bangkok aufzuführen. Doch sie machte aus der Not eine Tugend.
Nezaket Ekici (*1970 in Kirsehir/ Türkei, lebt in Berlin und Stuttgart) ist dem Museum Marta Herford seit Jahren sehr verbunden: So realisierte sie nicht nur verschiedene Performances, sondern ihre Arbeit ist auch in der Sammlung Marta vertreten und 2011/12 zeigten wir ihr umfassendes Werk aus Filmen, Fotos und Skulpturen in der Einzelausstellung „Personal Map (to be continued …)“.
Weltweit präsent
Ende letzten Jahres wurde die Künstlerin zur wichtigen internationalen Bangkok Art Biennale eingeladen. Die Bedingungen der thailändischen Behörden waren klar: Völlige Isolation für die Dauer von zwei Wochen, dann erst durfte sie ihre Performance live vor Publikum zeigen. Sie nahm diese Einladung an, ohne wirklich zu ahnen, was dies bedeutete. Sie flog nach Bangkok und wurde dort in einem Hotelzimmer im 22. Stockwerk des Hilton untergebracht. Als sie merkte, wie schwierig diese Quarantänesituation war, entschied sie sich, ihren Alltag aufzuzeichnen und dieses Zeitdokument in ein Kunstprojekt zu verwandeln: “Bangkok Quarantine“ (Videoperformance).
14 Tage absolute Isolation
Bei ihrer Ankunft war das Zimmer reichlich mit Trinkwasser und Shampoo ausgestattet. Dreimal täglich stellte ihr das Personal des Hotels Essen vor die Tür. Einmal wöchentlich wurde sie in einen Nebenraum geführt, damit das Zimmer gereinigt werden konnte. Zweimal täglich musste sie ihre Temperatur über eine App digital an das örtliche Krankenhaus übermitteln und regelmäßig wurden Covid-Tests durchgeführt. In dieser Zeit begegnete sie fast keinem Menschen und wenn doch, waren sie stets vollständig in Schutzanzüge gekleidet und sie selbst trug eine Maske sowie ein Schutzvisier.

Rituale schaffen
Natürlich nutze sie die Zeit auch dafür, um zu arbeiten, Bücher zu lesen, Filme zu schauen oder zu telefonieren. Aber in der Quarantäne schienen die Tage einfach kein Ende zu finden. Daher kreierte sie ihre eigenen Rituale, trieb zwei bis drei Stunden Sport, lief – fast wie ein Tiger – zehn Kilometer täglich durch die kleine Wohnung und meditierte bis zu einer Stunde am Tag. „Am schlimmsten dabei war es jedoch, keine frische Luft atmen zu können“, so Nezaket Ekici. Nach mehreren Tagen durfte sie erstmals für 45 Minuten auf die Terrasse des Entspannungsbereichs im siebten Stockwerk, um Luft zu schnappen. Außerdem trug sie jeden Tag eine andere Kombination von Kleidern, wie sie es schon 2016/17 für ihre Arbeit „Present / Absent Diary Villa Massimo“ [Präsent / Abwesend Tagebuch Villa Massimo] in Rom getan hat. So war doch jeder Tag ein wenig anders, obwohl sie nicht vor die Tür durfte.

und die Zeit vergeht…
Am fünfzehnten Tag verließ sie – nach einem nochmaligen Abschlusscheck im Krankenhaus – schließlich das Hotel, um an der Kunstbiennale teilzunehmen. Für die sechstägige Performance „Zero point“ [Nullpunkt], bei der sie acht Stunden täglich auf und in dem Schriftzug „Home“ [Heimat oder Zuhause] aus zwei Meter hohen Buchstaben agierte, war sie athletisch nach ihrem Training im Hotel bestens vorbereitet. Aber nicht nur für die Performances, sondern auch für eine zweiwöchige Quarantäne braucht man, laut Nezaket Ekici, vor allem drei Dinge: „einen starken Willen, viel Disziplin und Geduld! Und irgendwann vergeht die Zeit…“

Aktuell ist Nezaket Ekici mit ihren Performancefragmenten „Click & Perform“ im Rahmen von „Marta Open Air“ vertreten – einem besonderen Kunstprogramm auf dem Außengelände des Museums. Hier können Sie selbst aktiv werden!