Kunst ist Pop?! Welthits treffen auf Videokunst
„Pop ist tot!“, „Pop ist jetzt Kampfplatz!“, „Pop ist unsere Droge!“, sind die ersten Einträge, die Google auswirft, wenn man nach dem Wort „Pop“ sucht. Welches Phänomen beschreibt „Pop“ aber eigentlich?
Allgemeine Definitionen des Wortes beschränken sich meist auf die Nutzung im Sprachgebrauch, so gibt es parallel Popmusik, Popliteratur, poppige Haarschnitte und eben die Pop-Art, die jeweils spezifische Definitionen haben. Das Wort „Pop“ geht dabei auf den lateinischen Begriff „populus“ zurück, was mit „Menge“ oder „Volk“ übersetzt werden kann. Pop beschreibt ganz allgemein gesprochen Massenphänomene und Trends. So versammeln die Billboard-Charts die von Radiostationen am häufigsten gespielten Songs in den USA, die unter den Begriff Popmusik subsumiert werden.
Denkt man an die Verbindung von Pop und Kunst, sind Werke von Andy Warhol, Robert Rauschenberg oder Robert Indiana zu den bekanntesten Stellvertretern einer Kunstrichtung geworden, die in den frühen 1960er Jahren den Einzug des Alltäglichen feierten. Die Popkultur hat sich seitdem auf ganz unterschiedliche Art und Weise ihren Weg in die Kunstwelt gebahnt und wird von KünstlerInnen in ihren Werken zum Betrachtungsgegenstand.
Die Backstreet Boys im heimischen Wohnzimmer
In der Ausstellung „Mix it“, die noch bis zum 15.10. im Marta zu sehen ist, trifft Popmusik auf Videokunst. KünsterInnen der Gegenwart nähern sich der Ästhetik von Videoclips an, die in den 1990er Jahren zum Massenphänomen wurden. Die Ausstellung thematisiert allerdings anders als die Pop-Art nicht den Warenkonsum, sondern den Konsum von Musik und über welche Medien dieser stattfindet.
MTV und Viva als Musiksender hatten dabei bis zum Aufkommen von Online-Streamingdiensten und Plattformen wie Youtube oder Tildal eine millionenstarke Anhängerschaft. Dementsprechend groß war bis vor etwa zehn Jahren auch das Budget für die aufwendig produzierten Musikclips, die dort in Dauerschleife liefen und so Backstreet Boys, Michael Jackson oder Metallica in die heimischen Wohnzimmer auf der ganzen Welt brachten.
„Pop ist, was im Gedächtnis bleibt.“
Die ausgewählten Videos für die Ausstellung binden die Musikclipästhetik in den Kunstkontext ein. Sie nähern sich dabei der spezifischen Bildästhetik oder über die Verwendung bekannter Hits der Thematik an. Sowohl das Künstlerduo MASBEDO als auch Doug Aitken und Anri Sala greifen Hits der jüngsten Musikgeschichte in ihren Werken wieder auf. Das bekannte Riff der Rockhymne „Should I stay or should I go“ von The Clash hallt, von einer Drehorgel gespielt, von den hohen Wänden einer verlassenen Konzerthalle in Frankreich wieder. Sala zeigt in seiner Videoarbeit einen Ort, an dem die Band einst auftrat und lässt die Geschichte des Ortes noch einmal aufleben. Anfangs kaum wiederzuerkennen, bleibt das bekannte Riff, einmal herausgehört, noch lange nach Besuch der Ausstellung im Ohr. Es klingt leise an, welche Bedeutung die Konzerthalle für die Entstehung des heutigen Welthits hatte.
Auch John Lennons Welthit „Imagine“ ist in der Ausstellung zu hören, allerdings wird dieser brutal von einer Vinylplatte gekratzt und so zu einem unangenehmen Störton verfremdet, während die Platte unermüdlich weiter auf dem Teller kreist. MASBEDO thematisieren so auf verschiedenen Ebenen den Aspekt der Zeit. Doug Aitkin versammelt wiederum in seiner knapp halbstündigen Videoarbeit eine ganze Staffage an SchauspielernInnen und SängerInnen, die allesamt den Jazz-Klassiker „I only have eyes for you“ interpretieren.
Alle drei Werke spielen mit dem Wiedererkennungswert der Hits und wie diese durch die Verbreitung in den Massenmedien zustande kommt. Popsongs sind gerade deshalb so beliebt, weil sie durch ihre einfache Melodie und meist wiederholende Refrains im Ohr bleiben. So wäre es nicht verwunderlich, wenn bei Google der Eintrag „Pop ist, was im Gedächtnis bleibt.“ ganz oben zu finden wäre.