Nicht predigen, sondern handeln! – Nachhaltiger kuratieren aber wie?
Seit 1973 schon trifft sich der Internationale Kurator*innenverband IKT – jedes Jahr an einem anderen Ort, um die Arbeitsweise von Kolleg*innen kennenzulernen und einen weltweiten Austausch anzuregen. Doch im Corona-Jahr ist alles anders und wir haben aus der Not eine Tugend gemacht…
Eigentlich sollte das diesjährige Treffen in Westfalen stattfinden mit einem mehrtägigen Abstecher ins Ruhrgebiet, um die Kultur der Region vorzustellen. Anstatt jedoch per Auto, Zug oder auch Flugzeug aus aller Welt anzureisen, haben wir uns diesmal digital versammelt. 218 Teilnehmer*innen haben sich für das virtuelle Treffen angemeldet. Im Marta Herford liefen die technischen Fäden zusammen.

Wichtige Denkanstöße
Kolleg*innen aus den verschiedenen Ländern berichteten davon, wie sie die Pandemie erlebt haben. Ganz gleich ob die Slowakei, Australien, Jamaika, USA, Afghanistan, Finnland oder Kolumbien – die kurzen Einblicke in die jeweiligen Situationen öffneten uns rasch die Augen. Während wir hier im Marta bereits seit Mai wieder zahlreiche Besucher*innen empfangen dürfen, sind andere Kurator*innen teils bis heute von anhaltenden Lockdowns betroffen. Sie stellten aber auch ihre Kunstprojekte vor, die sie trotz widriger Umstände realisiert haben.

Ein Pamphlet für einen Richtungswechsel
Till Briegleb gab mit seinem Vortrag einen wesentlichen Impuls für das Thema des Kongresses. Er forderte: Als Kurator*innen sollten wir nicht nur Methoden gegen den Klimawandel und Nachhaltigkeit in Ausstellungen „predigen“, sondern auch selbst danach handeln. Aber wie können wir unsere Arbeit nachhaltiger gestalten? Der Journalist formulierte sechs Punkte, die diesen Wandel einleiten könnten: 1) Transparenz statt Verschämtheit 2) Kooperation statt Konkurrenz 3) Inhalt statt Prominenz 4) Intensität statt Exklusivität 5) Lokal statt International und 6) Kreativität statt Konformismus.

Nachhaltig Kuratieren
Drei Kurator*innen, die für eine nachhaltige Ausstellungspraxis einstehen, haben dieses Thema weitergeführt: Thomas Oberender (Intendant und Künstlerischer Leiter der Berliner Festspiele sowie Kurator der Ausstellung „Down to Earth“ im Berliner Gropius Bau), Lucia Pietroiusti (Kuratorin für Allgemeine Ökologie an der Serpentine Gallery in London) sowie Farid Rakun (Mitglied der indonesischen Künstlergruppe Ruangrupa und Mitkurator der 15. Documenta in Kassel).

Ein erster Schritt zur Selbstverpflichtung
Als Kurator*innen leben wir alle mit dem Widerspruch, dass wir einerseits mit unseren Projekten Themen wie Umwelt- und Klimaschutz in den Fokus rücken können, um ein breites Bewusstsein dafür zu schaffen, und andererseits unsere Arbeit selbst keinesfalls immer den Prinzipien der Nachhaltigkeit genügt. Als Gastgeber des Kongresses wollten wir aber nicht nur ein düsteres Bild unserer Gegenwart zeichnen, sondern darüber diskutieren, was wir tun können, um unseren eigenen ökologischen Fußabdruck zu verkleinern. Im Verlauf der zwei Tage wurde daher zusätzlich eine Umfrage durchgeführt. Auch wenn dies lediglich ein eher spielerischer Zugang zu diesem Thema war, kann es doch als ein erster Schritt zur Selbstverpflichtung gesehen werden. In weiteren Webinaren und mit Sicherheit auch bei dem verschobenen Kurator*innenkongress im Herbst 2021 werden uns diese Themen weiter beschäftigen. Aber auch im Alltag des Marta Herford wird die Frage nach einer nachhaltigeren Museumsarbeit nun noch verstärkt eine zentrale Rolle spielen.

3 Replies to “Nicht predigen, sondern handeln! – Nachhaltiger kuratieren aber wie?”
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die kunst in den dienst stellen?
wo bleibt die Freiheit der Kunst?
Sehr geehrte Frau Kotzan,
als Kuratorin verstehe ich mich vor allem als Katalysator von künstlerischen Prozessen und die Freiheit der Kunst hat in meinen Augen absolut höchste Priorität bei meiner Arbeit. Es geht daher nun vielmehr darum, kreative Lösungen zu finden, wie sich diese mit einem nachhaltigen Arbeiten vereinen lässt. Dafür macht sich auch der internationale Kurator*innenverband IKT stark. Ich freue mich sehr auf den weiteren Austauschprozess mit den internationalen Kolleg*innen.
Beste Grüße, Friederike Fast