Zeitgenössische Auseinandersetzung mit De Stijl
Einst in einer Zeit der Verunsicherung als Erneuerung aller Gesellschaftsbereiche ins Leben gerufen, erscheinen die Werke der De-Stijl Künstler und ihre Denkweisen immer noch, oder gerade wieder, höchst aktuell.
Die radikalen Ansätze sind heute in einer politisch wie sozial aus den Fugen geratenen Welt Referenzsystem für zeitgenössische KünstlerInnen, um sich neu zu positionieren. Zwischen Verehrung, Ironie und kritischer Reflexion verorten sich die Werke der Zeitgenossen in der Ausstellung, die sich als deutliches Zitat, mit unterschwelligem Bezug oder auch als aktueller Kommentar auf das Schaffen Gerrit Rietvelds und der De-Stijl-Kollegen beziehen.
Ein neuer Lebensentwurf revolutionierte die Welt
In teils grotesken Bildfindungen, mit spielerischen Referenzen auf die Moderne und besonders in Kombination mit aktuellen gesellschaftlichen und politischen Themen werden die historischen Vorbilder reflektiert und auf ihre Bedeutung für die Gegenwart hin befragt. Die KünstlerInnen stellen formale wie inhaltliche Bezüge zu Rietveld und der De-Stijl-Bewegung her, deren bahnbrechende Ideen und Modelle für einen neuen Lebensentwurf die Welt revolutionieren sollten. Dabei dienen die mittlerweile zu Ikonen avancierten Werke als geistige Väter, die unser kulturelles Bildgedächtnis und damit unsere Gesellschaft im Ganzen geprägt haben und weiter prägen. Mit Hilfe eines klaren Formenvokabulars und einer vertrauten Bildsprache in Rot, Gelb und Blau, die Thematiken wie beispielsweise die Reduzierung auf das Wesentliche und die Harmonisierung von Gegensätzen bereits implizieren, erarbeiten die Zeitgenossen neue Bildfindungen anhand bekannter Methoden.
Ironische, kritische, ablehnende, poetische Bilder
Die KünstlerInnen begeben sich in einen Transformationsprozess. Sie bringen Bekanntes, Historisches und Aktuelles in eine neue Form und schaffen nicht nur verehrende, sondern auch ironische, kritische, ablehnende, poetische oder auch explizite Bilder. Hochaufgeladen mit kunstvoll angerichteten Häppchen der Kunst-, Design- und Architekturgeschichte sezieren die aktuellen Werke ebendiese und befördern ihre Bestandteile in einen spannenden Recyclingkreislauf aus Vorbild, Abbild und Neuem.
Eine Frage der Relevanz
Durch diese zeitgemäßen Bearbeitungen stellen sie immer wieder Fragen nach der Bedeutung, Gültigkeit und Zukunftsperspektive einer Kunstform, die aktuell ihr 100-jähriges Jubiläum feiert. Kommt ihr immer noch die gleiche Relevanz zu? Ist ihr bahnbrechender Ansatz mittlerweile ermattet und nur noch eine Hülle in Form von teuren Designobjekten übriggeblieben? Die Beschäftigung mit den Vorbildern ist also keineswegs immer eine Beweihräucherung der hochaufgeladenen Werke der Moderne, sondern ebenso ist die Hinterfragung bis hin zur Entlarvung der etablierten Positionen genauso Aufgabe der zeitgenössischen KünstlerInnen wie ihre Neuinterpretation. Somit liegt in jedem der aktuellen Werke auch eine Art Nullpunkt verborgen, der den kunsthistorischen Vorbildern nicht zu trauen scheint, ihre Inhalte verkehrt, teils neutralisiert, neu ausgelotet und in die Jetztzeit katapultiert.
Hinweis:
Die Ausstellung „Revolution in Rotgelbblau – Gerrit Rietveld und die zeitgenössische Kunst“ ist noch bis zum 04.02.18 im Marta zu sehen.