5 Fragen an Oliver Schübbe
Seit der ersten Stunde begleitet der Herforder Designer Oliver Schübbe den „RecyclingDesignpreis“, organisiert vom Marta Herford in Kooperation mit dem Arbeitskreis Recycling e.V., Herford. Der studierte Innenarchitekt hat mit seinem Gestaltungsbüro „OS2 Designgroup“ das Thema Upcycling nicht nur zum Beruf gemacht, sondern ist durch seine kreativen, nachhaltigen Entwürfe inzwischen auch fernsehbekannt.
Aus dem was wir wegwerfen, entwirfst Du seit über 20 Jahren Einrichtungsgegenstände: Was hat Dich damals dazu bewogen umzudenken?
Das Entwerfen mittels gebrauchter Dinge hat mich schon immer sehr inspiriert. Gern bin ich schon in jungen Jahren mit meinem Vater auf den Schrottplatz gegangen oder habe alte Möbel umfunktioniert. Nur war während meines Studiums der Innenarchitektur in Detmold Mitte der 90er Jahre die Zeit dafür wohl noch nicht reif, denn dort konnte ich mit der Thematik der Wiederverwendung von Dingen bei meinen Professor*innen keinen Blumentopf gewinnen. Erst als ich Jahre später die Geschäftsführer der Recyclingbörsen traf und wir die Idee für ein gemeinsames Upcycling-Projekt mit Mitarbeiter*innen in sozialer Beschäftigungförderung entwickelten, stellten sich recht schnell erste Verkaufserfolge und mediales Interesse ein.
Was hat sich aus Deiner Sicht in den vergangenen Jahren beim Thema Nachhaltigkeit in unserer Gesellschaft verändert?
Nachhaltigkeit ist mittlerweile eines der beliebtesten Wörter überhaupt. Man sollte sich aber vor Augen führen, dass der Begriff ursprünglich aus der Forstwirtschaft kommt und dort bedeutet, nur so viele Bäume abzuholzen, wie auch wieder nachwachsen. Vor diesem Hintergrund hat unser Wirtschaften mit dem Konsum, wie wir ihn in Deutschland ja besonders exzessiv betreiben, wenig mit nachhaltigem Wirtschaften zu tun. Klar können wir Plastiktüten und Strohhalme abschaffen, Textilien aus fair produzierter Biobaumwolle kaufen und Elektroautos fahren. Nur wenn man sich mal überlegt, wie viel Plastikmüll ich mittlerweile mit jedem Einkauf nach Hause bringe, dass sich der Modekonsum pro Kopf in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt hat und der Flugverkehr in den nächsten fünf Jahren um 30% wachsen wird, ähnlich wie der Güterverkehr – dann brauchen wir uns ganz realistisch beim Thema Nachhaltigkeit zumindest nicht über CO2-Einsparung und Klimaziele zu unterhalten. In Deutschland leben wir nun mal ganz klar über unsere Verhältnisse.
Seit über 12 Jahren begleitest Du schon den RecyclingDesignpreis. Inwiefern haben sich die eingereichten Entwürfe mit der Zeit verändert?
Die Entwürfe gehen heute weg von dem klassischen „Readymade“-Design, wie bei den ersten Wettbewerben mit klassischem Produkt- und Möbeldesign. Es geht mehr Richtung Materialforschung mit einer sozialen und vielleicht sogar global gedachten Komponente. In diesem Jahr gibt es einige Entwürfe, bei denen mittels 3D-Druckern gearbeitet wird, was ja besonders spannend in Kombination mit gebrauchten Materialien oder alten Bauteilen ist. Zudem ist biobasierter Kunststoff ein großes Experimentierfeld für heutige Gestalter*innen und dabei auch gerade das Thema der nachhaltigen, kompostierbaren Verpackungen.
Warum ist es wichtig, dass es auch einen Schüler-RecyclingDesignpreis gibt?
Mit dem RecyclingDesignpreis kann man an Schulen gar nicht früh genug anfangen, denn gerade die Fächer Kunst, Gestaltung oder Werkunterricht werden aus meiner Erfahrung sehr vernachlässigt. Dabei sind gerade diese kreativen Elemente, bei denen die Schüler*innen in fantasievoller Gestaltung durch handwerkliche Fähigkeiten dreidimensionale Dinge entstehen lassen, ein willkommener Ausgleich zum normalen Lehrplan. Spannendes Upcycling-Design besteht nicht nur darin, den gelben Sack umzudrehen, Dinge zusammenzukleben und anzumalen, sondern auch darin, in jungen Jahren unser Konsumverhalten zu untersuchen und festzustellen, wie schnell wir Dinge wegwerfen und neu kaufen.
Beim Wettbewerb „RecyclingDesignpreis“ sitzt Du nicht nur in der Jury, sondern gestaltest auch den Ausstellungsraum. Worauf legst Du bei dieser Raumgestaltung wert?
Nachdem das Ausstellungsdesign der letzten Jahre aus Pappkartonblöcken aus Fehlproduktionen der heimischen Industrie bestanden, war diesmal mein Ansatz für die Podestunterkonstruktion ein Stecksystem aus alten Bodenlaminatplatten zu entwickeln. Die Podestplatten bestehen teilweise aus Resthölzern und alten Tischplatten. Bis auf die farbliche Gestaltung ist somit alles wiederverwendet und wäre sonst in der Müllverbrennungsanlage in Bielefeld verheizt worden. Zudem ist alles leicht rückbaubar, platzsparend zu transportieren und einzulagern.