8. RecyclingDesignpreis: Aus alt macht neu!
Nachhaltig – mit dieser derzeit omnipräsenten Zuschreibung assoziieren wir nachwachsende Rohstoffe, Vollholzmöbel oder umweltschonende Waschnüsse, Agrarindustrie-Methoden, die nicht leichtfertig mit Ackerflächen und der Natur umgehen und bewussten Konsum in allen Lebenslagen.
Nachhaltigkeit und damit verbunden der Wunsch nach ökologisch wertvollen Produkten sowie die Schaffung von Mehrwerten durch Recycling sind international brisante politische Themen geworden, denn der Status quo belegt schonungslos, dass wir in den westlichen Industriestaaten längst in einer Wegwerfgesellschaft leben, die tausende Tonnen Müll täglich produziert.
Mehr als nur ein Strickpullover
In der Designbranche, die den Konsumwunsch bedient, findet seit einiger Zeit ein merkbares Umdenken statt, das hoffentlich nicht als kurzzeitiger Trend im Sande verlaufen wird: Ökologisch wertvolles Design – Ecodesign – hat es sich zur Aufgabe gemacht, auf faire Rohstoffgewinnung, Produktionsbedingungen, Distribution, Nutzung und Entsorgung gleichermaßen zu achten wie auf gutes Design, das sich hinter „Herkömmlichem“ nicht mehr zu verstecken braucht. Das Bild vom selbstgestrickten Kratzpullover und rustikalen Vollholzmöbeln hat ausgedient, weder Mode noch Möbelentwürfen sieht man heute auf den ersten Blick eine nachhaltige Herkunft mehr an.
Nachwuchsdesignern*innen gehen zuweilen noch einen Schritt weiter und versuchen sich nicht mehr nur ausschließlich an der Einhaltung nachhaltiger Ausgangsmaterialen und Produktionswege, sondern sie gewinnen ihre Rohstoffe aus Abfällen, um so Ressourcen zu schonen oder gar gänzlich auf den Gebrauch von neuem Material zu verzichten. „Altes wieder nutzbar machen“, ist ein Slogan, der den Recyclingtrend treffend zusammenfasst und zur Vermeidung von Abfällen und Schadstoffen beiträgt. Nun könnte leichtfertig blumig ausgedrückt der Eindruck entstehen, dass die Designer*innen den weggeworfenen Dingen als „Retter“ neue Seelen einhauchen, tatsächlich folgen sie aber auch den veränderten Wünschen der Käufer*innen, sich ihres schlechten Gewissens zu entledigen. Nüchtern betrachtet reagieren sie auf schleichende Marktänderungen. Zeitgleich bedienen sie sich kostensparend an den Überbleibseln des Massenkonsums – der letzten Punkte werden aus ökonomischer Sicht sicherlich relevanter sein als der utopische Traum einer grünen Erde.
Nachhaltigkeit im Museum
Nachhaltigkeit und Recycling sind Themenfelder, die im Hier und Jetzt angekommen sind und auch im Kunst- und Designkontext aufgegriffen werden. Die derzeitige Ausstellung zum 8. RecyclingDesignpreis, den der Arbeitskreis Recycling e.V. Herford seit gut zehn Jahren vergibt, funktioniert zweifelsfrei als Denkanstoß für die Neunutzung ausgedienter Dinge, an der sich internationale Designer*innen mit teilweise verblüffenden innovativen Ideen beteiligen. Die Ausstellung bietet eine Bandbreite an neuen Ideen vom Teppich aus alten Socken über eine Minibar aus vormaligen PC-Gehäusen.
Den Belgier Sep Verboom kürte die Fachjury als diesjährigen Gewinner. Sein Teppich „ROPE:rug“ besteht gänzlich aus recycelten Seilen, die zuvor von philippinischen Schiffern genutzt wurden. Ersetzt durch neue Seile, um die Sicherheit und Funktionalität an Bord zu gewährleisten, wären diese wahrscheinlich zum größten Teil im Abfall gelandet, so aber wurden sie weiterverarbeitet zu farbenfrohen Unikaten.
Tragfähiger Abfall
Besonders ist auch die Einsendung von Anna Sophia Flemmer, die mit ihrer 13-teiligen Kleiderkollektion „SAME:SAME“ den dritten Platz belegte. Gefertigt aus Stoffresten, Korkgarn- und -leder sowie Papier und Garn, das aus Milchproteinfasern aus Abfällen der Milchproduktion hergestellt wurde, ist die Kleiderkollektion zudem blindengerecht, d.h. mit Texten in Brailleschrift versehen. Anna Sophie Flemmer gelang es so, die Kleiderkollektion komplett aus Abfallprodukten herzustellen, was man ihren Entwürfen allerdings überhaupt nicht ansieht.
Neben den Einsendungen von Designer*innen werden auch 13 Beiträge von Schüler*innen und Azubis gezeigt, die sich von Fundstücken aus Kellern oder der Recyclingbörse Herford inspirieren ließen. Die Erstplatzierte Mona Hannemann schnitt einfach einen alten Fußball in zwei Hälften und funktionierte beide Teile um: zu einem Lampenschirm, innen ausgekleidet mit goldschimmernden Rettungsdecken, und zu einem Obstkorb.
Alle ausgestellten Einsendungen eint der Wunsch, Recycling mit innovativem Design zu verbinden und so kreativ auf neue Nutzungsmöglichkeiten hinzuweisen. Während bei manchen Entwürfen die Ausgangslage kaum noch zu erkennen ist, haben andere Designer*innen bewusst auf die Verschleierung der Herkunft verzichtet. Veronika Schleidowez etwa kombinierte für ihre Alugusspfannen und -töpfe bestehende Dinge geschickt miteinander und schaffte so etwas Neues. Das Thema Recycling braucht neben neuen Einfällen auch Plattformen wie die Ausstellung im Marta, um diese Ideen einem breiten Publikum vorzustellen, die langfristig zu einem Umdenken führen.
Hinweis:
Die Ausstellung zum 8. Recycling Designpreis ist noch bis zum 22.04.18 im Marta zu sehen und wird verantwortet vom Arbeitskreis Recycling e. V. Herford.