5 Fragen an Christian Odzuck
Christian Odzuck führt die Besucher*innen in der Ausstellung „Willkommen im Labyrinth – Künstlerische Irreführungen“ auf eine atmosphärische Reise durch sein „Nieteum“. Man durchläuft wie auf einer Bühne eine 3-teilige Raum-Choreografie mit urbanen und industriellen Anklängen. Eva Wolpers hat ihm dazu 5 Fragen gestellt.
In Deiner aktuellen Installation „Nieteum“ verschwimmen die Grenzen zwischen Architektur und Kunst. Besucher*innen fragen sich, wo Frank Gehrys Entwurf endet und wo Deine Inszenierung beginnt. Wo verlaufen für Dich die Grenzen zwischen Architektur und Kunst, zwischen Theater und Kunst und zwischen Leben und Kunst?
Im Idealfall ist keine Trennlinie mehr erkennbar. Wie man die Welt betrachtet, basiert ja auf der eigenen Wahrnehmung. Um diese Wahrnehmung ins Bewusstsein zu rufen, zu erweitern oder zu irritieren ist die Kunst meines Erachtens eines der besten Mittel. Sie kann Erfahrungsräume bieten, die nur in diesem Kontext möglich sind. Hier im Marta ist die exzentrische Gehry-Architektur ein idealer Rahmen für meine Installation. Die Gegebenheiten vor Ort haben den Entwurf sehr stark beeinflusst und in dieser Form auch herausgefordert.
Häufig beziehst Du Dich in Deinem Werk auf historischen Vorbilder und alte Architekturen. Was fasziniert Dich daran und wie findet die Geschichte Einzug in Deine Installationen?
Das Konzept der Überführung einer literarischen oder besser sprachlichen Struktur in ein räumliches Konzept, so wie es Giuseppe Terragni mit dem Danteum versucht hat, finde ich sehr faszinierend. Einen vergeistigten, abstrakten Raum in eine körperlich erfahrbare Realität zu übertragen, bietet den Anlass weiter darüber nachzudenken. Dabei sind die historischen Vorlagen einer der Ausgangspunkte von dem sich das Werk aber emanzipieren muss. Der Blick geht immer nach vorne und die Frage, was sich daraus Neues entwickeln lässt, steht immer im Vordergrund.
In der Installation „Nieteum“ finden sich die Besucher*innen in der „Clapsmule“, der „Sudeltherme“ und dem „Kaiser“ wieder. Was hat es mit diesen Titeln auf sich?
Die Titel sind tief verankert im Mythos von Nietleben. Orte, die bis jetzt noch niemand zu Gesicht bekommen hat, sind nun zum ersten Mal als Teil der Installation materialisiert worden.
Deine Arbeiten sind oft sehr groß. Entstehen sie in der Regel vorab im Kleinen? Und wie gestaltet sich der Prozess von der ersten Idee zur realisierten Installation?
Am Anfang ist noch nicht klar, welches Medium sich am besten eignet. Grundlage für meine Werke ist ein sehr umfangreicher Prozess der Recherche und Analyse. So entsteht ein Konvolut an Material, welches sich im Laufe der Zeit immer weiterentwickelt und am Ende zu seiner Formulierung kommt. Manchmal ist das Ergebnis auch weit vom Ausgangspunkt entfernt. Das hängt immer von der spezifischen Fragestellung ab, welche sich im Laufe der Auseinandersetzung ergibt. Der Prozess an sich ist zentral für meine Arbeit und mir kommt es in erster Linie darauf an, einen richtigen Umgang mit den verwendeten Elementen zu finden. Da sehe ich mich mehr als Regisseur, denn als Erfinder von neuen Formen. Sobald es an die Umsetzung geht, entstehen aus klassischen Skizzen Modelle in verschiedenen Maßstäben oder digital. Diese sind für die Kommunikation mit den vielen Fachleuten, welche an der Realisierung beteiligt sind, sehr hilfreich.
Du hast uns erzählt, dass der urbane Raum Dich stark beeinflusst. Auf langen aufmerksamen Spaziergängen durch die Stadt entdeckst Du unterschiedliche, oft wohlbekannte Materialien, beispielsweise aus dem Baukontext. Sie werden von Dir in einen neuen Kontext gesetzt und werden somit anders wahrgenommen. Welche Rolle spielen die Materialien im Entstehungsprozess?
Oft sind es alltägliche Situationen, die mich besonders faszinieren. Dazu habe ich eine Sammlung von Fotodokumentationen angelegt. Dieses urbane Vokabular nutze ich sehr frei und intuitiv. Das Motiv wird also zum Material. Aber auch das vorgefundene Material an sich kann zum Ausgangspunkt werden. Das dies so sein kann, entdecke ich gerade ganz neu für mich und bin gespannt, was durch diesen sehr direkte Zugang entstehen wird.