Updates für die digitale Kunstvermittlung
Die Diskussionen um digitale Kunstvermittlung sind wohl aktueller denn je. Sowohl auf Tagungen und Blogs, als auch intern hier im Marta wird viel gelesen, gegrübelt und gefachsimpelt.
Das ganze Thema erscheint jedoch noch recht sperrig oder wirft große Fragen auf. Warum? Dass wir in einer Gesellschaft leben, in der die Digitalisierung mehr und mehr an Relevanz gewinnt, lässt sich wohl kaum abstreiten. Wir erfahren und erweitern unsere Welt mithilfe der neuen Medien, der Gebrauch von und das Arbeiten mit Smartphones ist mittlerweile üblich. Schauen wir in den öffentlichen Raum, ob in der Bahn, an der Kasse im Supermarkt oder im Hörsaal, mindestens zwei Personen (Tendenz steigend) sind mit ihrem Handy beschäftigt. Es ist also nicht zu übersehen, dass die digitalen Medien sich mit unserem alltäglichen Leben vermischen und unsere Kommunikationsmöglichkeiten erweitern oder sogar neue Formen des Austausches schaffen. Es wird fleißig geliked, geteilt und kommentiert.
Medienpädagogische Vermittlung braucht Zeit und Muße
Je nachdem WAS und für WEN vermittelt wird, können digitale Medien in der Kunstvermittlung sinnvoll genutzt werden. Dabei sollte aber keine Konkurrenz zwischen dem Analogen und dem Digitalen entstehen. Vielmehr bietet sich damit eine Fülle an Methoden und Kombinationsmöglichkeiten, die sich die Kunstvermittlung aneignen kann.
Ob in das Digitale „hineinpubertiert“, wie die Künstlerin Britta Thie es treffend bezeichnet, oder völlig analog aufgewachsen, eine stetige Aktualisierung ist so unerlässlich wie das neue iOS Update. Mit den Entwicklungen neuer Kommunikationsräume und –formen, die sich in einer rasenden Geschwindigkeit (schneller als die AOL-Internetverbindung je war) entwickeln, ist es umso wichtiger stets auf dem Laufenden zu bleiben und sich vor allem auch medienpädagogisch weiterzubilden.
Doch genug vom erhobenen Zeigefinger. Die Nutzung von digitalen Medien und sozialen Netzwerken bietet meiner Meinung nach viele und vor allem auch gute Potentiale für die kulturelle Bildung.
Risiken und Potentiale von digitalen Medien
Viele Kinder besitzen bereits in der Grundschule ein eigenes Smartphone und werden für bestimmte Problematiken des Gebrauchs sensibilisiert, dabei achten sie vielleicht auf versteckte Kosten (das Taschengeld ist ja oft begrenzt) oder technische Risiken. Die eigene medienkritische Kompetenz und Kommunikationsrisiken finden allerdings nicht immer genug Aufmerksamkeit (ACT ON! aktiv + selbstbestimmt ONLINE, Studie 2016).
Die Tiefen des Word Wide Web sind immer undurchschaubar und die daraus entstehenden Unsicherheiten werden kaum hinterfragt. Antidemokratische, sexistische und rassistische Äußerungen werden häufig überlesen, hingenommen oder als solche nicht richtig wahrgenommen. Cybermobbing, gewaltverherrlichende Bildästhetiken und Hatespeeches sind keine Seltenheit mehr. Umso wichtiger ist es auch für informelle Lernorte, wie beispielsweise das Museum, die Medienkompetenz als Bildungsauftrag ernst zu nehmen.
Die Institution Museum kann vor allem Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit geben, die eigenen Bildkompetenzen durch Bildproduktion und Rezeption auszubauen. Dies kann durchaus mithilfe der digitalen Medien geschehen. Durch den täglichen Gebrauch von Social-Media-Plattformen wie Instagram, Facebook oder YouTube wird eine Fülle an Bildästhetiken vermittelt, die bestimmten Strategien folgen. Und auch, wenn eigentlich seit der Digitalfotografie klar sein sollte, dass Bilder durchaus manipulierbar sind, herrscht in vieleen Köpfen der Zustand des „Es-ist-so-gewesen“ (Roland Barthes: Die helle Kammer, S. 11). Gerade die bildende Kunst kann hier auf mediale und popkulturelle Bezüge verweisen und das kritische und kreative „Sehen“, die ikonographische und ikonologische Analyse stärken.
Kunst erklärt mit der App Snapchat
Um selbst aktiv zu werden und sich zu bilden, ist das eigene Tun unerlässlich. So bietet sich die App Snapchat besonders in Führungen und Workshops für die eine oder andere Gruppe an.
Snapchat gehört zu den sogenannten „Ephmeral Media“, Medien die charakteristisch für Schnelllebigkeit und Vergänglichkeit sind und somit eine neue Form der Onlinekommunikation ermöglichen. Der „Fun Faktor“, wie ihn der Schüler Joshua Arntzen auf der re:publica 2016 beschreibt, und die kurzlebigen Snaps/Stories, die nach 24 Stunden wieder gelöscht werden, machen sie gerade für Jugendliche besonders interessant. Kommunikation durch Bilder ist hier das Motto, welches den Nutzern eine dem „analogen Leben“ annähernde Echtzeit-Interaktion suggeriert. Wie genau Echtzeit und Kommunikationserfahrungen im Kontext der Raum- und Zeitwahrnehmung nun zu definieren sind, sei in einem anderen Blogtext zu diskutieren.
Durch ihren recht einfachen Gebrauch und einer Vielzahl an Gestaltungsmöglichkeiten, bietet sich die App aber auch in einer etwas abgewandelten Form der Nutzung an. Führungen mit praktischen Einheiten können mithilfe von Snapchat zu einer spannenden Methode für beispielsweise kleinere Schülergruppen werden. Um mehr in den Dialog und den Austausch untereinander zu kommen, werden in Kleingruppen Erklärvideos erstellt. Diese können mit wenig Zeitaufwand und ohne Schnittprogramm produziert werden. Zudem gibt es mittlerweile die Option die Videos auf dem Handy abzuspeichern und zu exportieren, ohne sie online hochladen zu müssen.
Erstelle dein Storyboard
Innerhalb der Gruppen wird sich für ein Werk aus der Ausstellung entschieden und gemeinsam ein Storyboard erstellt. So kommt es automatisch zur Auseinandersetzung und zum Austausch untereinander. Ebenfalls müssen sich Gedanken gemacht werden, wie man mithilfe der Kameraführung, der Bildkomposition oder bestimmter Effekte den Sachverhalt/das Werk/die eigenen Fragen vermitteln möchte. So wird sich intensiv und von allen Seiten mit dem Werk beschäftigt. Vor allem durch das Sprechen über die Kunst entstehen neue Zugangsmöglichkeiten.
Anschließend können die Videos auf einem Tablet oder mit einem Beamer präsentiert werden. Ein zusätzlicher Bonus: Auch im Nachhinein können die Kurzvideos in der Schule oder zu Hause gezeigt und besprochen werden.
Wie bereits erwähnt, eignet sich diese Methode nicht für jede Gruppe und setzt bestimmte Punkte voraus, wie beispielsweise ein eigener Snapchat-Account. Ob die App in den nächsten ein bis zwei Jahren noch relevant ist und welche technischen Neuerungen auf uns als nächstes warten, bleibt abzuwarten. Kleine Experimente mit guter Vorbereitung lohnen sich aber immer und können den eigenen Erfahrungsschatz nur erweitern. Also gleich am besten selbst ausprobieren und ein Erklärvideo erstellen!
One Reply to “Updates für die digitale Kunstvermittlung”
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Liebe Yasmin,
eine fabelhafte Idee, die Medien- und Bildkompetenzen via Kunstvermittlung zu stärken. Beziehungsweise auch auf die dder Jugendlichen zuzugreifen. Denn oft sind die ja im Machen von Filmchen etc. sehr viel fitter, als man glaubt. Die Idee mit einem Storyboard zu arbeiten, gefällt mir. Andererseits würde ich es auch spannend finden, die Jugendlichen einfach so machen zu lassen, wie sie es auch sonst machen würden. Vielleicht wird das frecher?
Das Setting, welches du beschreibst, setzt ja voraus, dass in institutionellen Zusammenhängen gearbeitet wird. Stichwort Schule. Aber ich finde es auch notwendig, Angebote zu haben, die für Einzelbesucher gestrickt sind. Da ist dann eine etwas aufwändigere Überwachung notwendig. Oder es muss eine Möglichkeit geben, dass man dann irgendwo Beiträge sammelt, die von Besuchern veröffentlicht werden. Vielleicht auch den ein oder anderen Impuls an einer Stelle in der Ausstellung geben, dass man überhaupt darauf kommt, eine Story zu machen. Die dann als erweiterter Kommentar über die Ausstellung spannend sein kann.
Was ich noch nicht ganz verstanden habe: hast du schon mit Schülergruppen so etwas ausprobiert? Oder willst du das noch machen? Würde mich interessieren, wie das angenommen wurde. Wie die Reaktionen der Schüler waren.
Auf jeden Fall toll, wenn in dem Bereich noch mehr experimentiert wird. Und ich freue mich sehr, dass du beim #artedutalk mitmachst, bei dem wir ja über solche und auch andere Beispiele diskutieren. Wäre super, wenn es Schule machte, dass da auch noch mehr Blogbeiträge entstehen, in denen man weiter diskutieren kann.
Herzliche Grüße und auf bald
Anke