5 Fragen an Prof. Martina Glomb
Martina Glomb ist Modeschöpferin und arbeitete unter anderem in London und Italien als Designerin viele Jahre mit der Mode-Ikone Vivienne Westwood. Seit 2005 lehrt sie als Professorin für Modedesign an der Hochschule Hannover und leitet dort das USE-LESS Zentrum für nachhaltige Designstrategien. Im Rahmen der Ausstellung „10. RecyclingDesignpreis“ ist sie am 21. Oktober 2022 mit ihrem Vortrag über Slow Fashion zu Gast im Marta Herford. Im folgenden Interview erfahren wir Hintergründe zu ihrem Wirken:
Welche Erfahrungen aus Ihrer Zeit bei Vivienne Westwood sind für Sie besonders prägend und wertvoll?
Mit gleichgesinnten Menschen gemeinsam Kleidung zu erschaffen und die Leidenschaft für Materialien und Silhouetten zu teilen, schafft gegenseitigen Respekt und lebenslange Freundschaften. Ich habe viel ausprobieren und lernen dürfen und bin dankbar für die Zeit mit Vivienne und dem Team. Natürlich bin ich auch stolz, selber eine Spur in den Kollektionen hinterlassen zu haben. Ach ja, und London in den 90ern: Einzigartig wild!
Was ist Mode und was bedeutet Mode für Sie persönlich?
Der Begriff Mode hat sich in seiner Bedeutung in den letzten Jahren radikal verändert und ich überlasse es anderen, zu definieren, was, wie und wann Mode ist. Für mich persönlich sind handwerkliche Methoden und gestalterische Experimente wichtig. Meine Leidenschaft ist die Erschaffung von „Kleidkörpern“ und deren Inszenierung – am liebsten live durch eine Modenschau.
Die Modebranche steht nicht gut da: Die Fast-Fashion-Industrie hat eine schlechte Umweltbilanz, es wird meist unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen und mit schlechten Löhnen u.a. im asiatischen Raum „preiswert“ produziert, und bei den Konsument*innen ist die Wahrnehmung für die Wertigkeit von Textilien durch Billigmode und die überdrehte Anzahl neuer Kollektionen im Jahr abhandengekommen. Sie engagieren sich für Nachhaltigkeit in der Mode. Wie sind Sie zur Slow Fashion gekommen?
Die Welt leidet unter den Folgen von Überproduktion und -konsumption von Textilien. Slow Fashion bedeutet nicht nur die Schonung von Ressourcen, Mensch und Umwelt, sondern auch, dass textile Produkte länger im Produkt-Lebens-Zyklus verbleiben, also eine fortwährende Nutzung und Wiederverwertung erfahren. Vivienne Westwood hat dafür zur Aktivierung von Konsument*innen die Devise: „Buy less, choose well, make it last“ ins Leben gerufen. Ich persönlich bin ganz unbedarft zu Slow Fashion gekommen. Ich bin so eine Art „Textil-Fetischistin“ und habe Strick und Gewebe immer als sehr wertvolles Gut und als Lebensqualität begriffen. Da ist man dann automatisch bei Slow Fashion.
Welche Möglichkeiten für mehr Nachhaltigkeit in der Mode(branche) sehen Sie zum einen auf der Seite der Produktion, zum anderen auch bei den Konsument*innen in deren Umgang mit Textilien und Verständnis von Mode?
Gesellschaftliche Transformation gelingt nicht allein durch die Kritik an den Verhältnissen. Es müssen Transparenz und ganzheitliche Lösungen gegen die Abhängigkeit von Wachstum sowie für die gerechte Verteilung von Wohlstand gefunden werden.
Wie nehmen Sie in Ihrer Arbeit mit Studierenden diese junge Generation wahr und wie vermitteln Sie ihnen eine optimistische Haltung für die Zukunft (der Modebranche) mit den notwendigen Veränderungsprozessen?
Ich bin immer wieder erstaunt über die unkonventionelle, schnelle Kreativität der jungen Designer*innen, mit denen ich zu tun habe, und bin dankbar mit ihnen gemeinsam zu lernen und Veränderungen anschieben zu können. Bei der Entwicklung und Umsetzung kann ich durch meine Erfahrungen unterstützen. Wir wollen uns die Freude an der Erschaffung von Mode und Bekleidung erhalten. Durch Mode können wir Kritik üben und positive Beispiele kommunizieren.