Stiller Begleiter: „the Herford eichen“ von Pedro Cabrita Reis
Auf manche Kunstwerke muss man erst einmal gestoßen werden. Dazu gehört wohl auch die Skulptur „The Herford eichen“, die sich still neben dem Aufsehen erregenden Museumsbau von Frank Gehry behauptet.
Die Skulptur ist zwar mit ihren neun Metern Höhe nicht klein, aber durch ihre schmal aufstrebende Gestalt dennoch unauffällig. Sie besteht aus Doppel-T-Stahlträgern, die ineinander verschachtelt sind. Dass das Material an eine Baustellensituation erinnern mag, kommt nicht von ungefähr. Der portugiesische Künstler Pedro Cabrita Reis (*1956 in Lissabon) interessiert sich vor allem für industriell gefertigtes Material der Architektur und Bauindustrie. Doch wenn man sich auf das Werk einlässt und es auch aus der Nähe betrachtet, kann man die unterschiedlichen Details entdecken, die die Feinheiten des Materials gewahr werden lassen. Etwa die raue Oberfläche des Cortenstahls, in dessen rostiger Patina sich kleine Landkarten abbilden. Oder die verwinkelte Linie, die die Bodenkante der Skulptur bildet. Hier kann man eigentlich erst richtig ihre Form ablesen und erfassen. Und erinnert sie nicht auch an die ebenso vor- und zurück springende Bodenkante des Museumsbaus?
Ein Kunst-Maß für Herford
Ungewöhnlich ist die Schreibweise des Titels, hinter der sich eine mehrfache Wortbedeutung verbirgt. Im ersten Moment denkt man wohl an die Eiche, also einen ganz klassischen deutschen Baum. Dazu passen auch Gestalt und Standort der Skulptur. Dann fällt aber auf, das „eichen“ klein geschrieben ist, also das Verb meint: das Ausmessen, Ausloten oder Anpassen. Ganz formal tut das Werk dieses mit dem Museumsbau, indem es genau die Höhe bis zur Traufe, dem Übergang von Wand zu Dach markiert. In Kombination mit der Nennung der Stadt Herford kann man aber auch noch weiter denken: Bildet dieses Kunstwerk gar ein Eichmaß für Herford?
Die Präsenz des Museums Marta und damit der internationalen zeitgenössischen Kunst und Kultur in einer Mittelstadt wie Herford ist für viele Besucher*innen erstmal etwas überraschend. Umso bemerkenswerter ist doch die Selbstverständlichkeit mit der Kunst hier Raum gegeben wird und mit der auch Kunstwerke wie dieses, die eher subtil wirken hier bestehen können. Und so kann man doch „the Herford eichen“ durchaus auch als Kompliment an diesen Ort verstehen.
Hinweis: Dieses und weitere Kunstwerke im Außenraum des Museums können Sie mit unserem kostenlosen Audioguide, gesprochen von Museumsdirektor Roland Nachtigäller, direkt vor Ort erkunden.
2 Replies to “Stiller Begleiter: „the Herford eichen“ von Pedro Cabrita Reis”
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Da kommen einem natürlich auch die 7000 Eichen aus der Stadt-Verwaldung in den Sinn ;-))
Ja, das stimmt! Ein sehr guter Gedanke!