Von der Ausstellung zur Publikation
Begleitend zu den Vorbereitungen der Wiedereröffnung unseres Museums am morgigen Samstag, 13.03., ab 14 Uhr, freuen wir uns noch eine Neuheit präsentieren zu können: den wunderbaren Katalog „Brigitte Waldach: Schimmer – Marta-Preis der Wemhöner Stiftung 2020“, der jetzt neu im Verlag Hatje Cantz erschienen ist.
Nicht zuletzt da die aktuelle Einzelausstellung der Marta-Preisträgerin Brigitte Waldach auch ganz neue Arbeiten, wie die Serie „Schweigen“ und die eigens für die Lippold-Galerie konzipierte Installation „Schimmer und Glanz“ umfasst, haben wir darauf verzichtet, die Publikation bereits unmittelbar zur Eröffnung zu präsentieren. Stattdessen haben wir nun die Möglichkeit, auch Bilder dieser Neuproduktionen zu zeigen und so einen umfassenden Eindruck der Ausstellung zu vermitteln. Schließlich ist ein Katalog auch eine Dokumentation, die auch für diejenigen aufschlussreich sein soll, die (noch) nicht das Glück hatten die Schau live zu erleben. Und so viel sei verraten, das Warten hat sich gelohnt. Doch bis zur fertigen Publikation ist es ein langer Weg, der enge Absprachen mit der Künstlerin und auch mit der zuständigen Grafikerin beinhaltet.
In engem Austausch mit Brigitte Waldach und dem kuratorischen Team hat Andrea Schürings von der Hamburger Agentur „Büro für Mitteilungen“ die Kataloggestaltung übernommen. Sie hat 2019 bereits die Publikation zu den bisherigen Marta-Preisträger*innen gestaltet. In zahlreichen Arbeitsstunden wurden gemeinsam mit der Künstlerin Bilder ausgewählt, Reihenfolgen festgelegt, Texte diskutiert, technische Details erörtert und Rücksprachen mit dem Verlag getroffen. Entstanden ist ein gut durchdachtes, bildreiches und aufwendig produziertes Buch, das nicht nur die aktuelle Ausstellung bebildert, sondern darüber hinausweist und vielfältige Gedankenanstöße von Brigitte Waldach aufnimmt. Wir haben diesen Prozess nochmal Revue passieren lassen:
Liebe Andrea, wie ist so ganz grundsätzlich der Prozess einer Kataloggestaltung, welche Fragen müssen gestellt werden, welche Entscheidungen getroffen?
Andrea Schürings (AS): Zuallererst schauen wir uns natürlich die Arbeiten an, die in dem Katalog dargestellt werden sollen. Ist es Malerei, Fotografie, Bewegtbild, sind es Objekte, Performances und so weiter. Werden die Arbeiten einer einzelnen Person dargestellt oder ist es eine Gruppe. Welche Materialität haben sie und wie ist die Qualität der Abbildungen, welches Format dominiert, sind die Abbildungen detailreich und filigran oder flächig. Danach richtet sich die gestalterische Konzeption des Buches und die Ausstattung. Ziel ist es, die Arbeiten so adäquat wie möglich darzustellen, dabei aber nicht aus dem Blick zu verlieren, dass wir uns auf einer anderen Ebene befinden: Wir zeigen die Arbeiten nicht in real sondern in einem Buch. Abmessungen und Räumlichkeit, Geräusche und Bewegungen sind nicht darstellbar. Aber dafür ist das Buch selbst ein Objekt. Außerdem muss man das Budget, den Umfang, die Abläufe und die Zeitplanung im Auge haben. Ein Buch ist immer ein sehr komplexes Gemeinschaftsprojekt mit vielen unterschiedlichen Herstellungsschritten, man muss sehr viel kommunizieren. Aber das ist auch das Schöne daran.
Brigitte, was bedeutet so ein Katalog für Dich als Künstlerin und mit welchen Überlegungen gehst Du an die Konzeption heran?
Brigitte Waldach (BW): Für mich ist ein Buch ein eigenes Werk mit unterschiedlichen Aufgaben. Es geht nicht nur um die Dokumentation, sondern auch um den Kontext eines Kunstwerkes, hier etwa ergänzt durch Ausstellungsansichten, auch mit Besuchenden, die die Interaktion mit den Werken vermitteln. Ein gutes Buchlayout funktioniert insofern wie ein intelligentes Leitsystem, das nicht nur über eine konkrete Ausstellung informiert, sondern auch über parallel entstandene Werke und Hintergründe.
Wie ist es wenn man mit einer Vorlage arbeitet, wie hier den Band „Marta-Preis 2014-2018“? Macht es das leichter oder schwerer?
AS: Es ist leichter, weil wichtige Parameter gesetzt sind. Das Format und die Ausstattung des Buches steht, ebenso die Typografie. Außerdem gibt es für den Marta-Preis Katalog ein Entwurfsraster, bei dem wir schon berücksichtig hatten, dass unterschiedlichste Arbeiten dargestellt werden können sollen. Für »Schimmer« haben Brigitte und ich einige Modifikationen im Detail vorgenommen. So werden zum Beispiel sehr feine Zeichnungen dargestellt, daher sind wir mit den Schriftgrößen etwas zurückhaltender geworden, die Farbwelt ist den Arbeiten angepasst, usw.
BW: Ich habe mich zuerst von der Gestaltung der früheren Publikation freigemacht und gleichzeitig das Prinzip dieses Layouts analysiert. Einiges schien mir sinnvoll und gut übertragbar, anderes passte nicht zu meinem Werk und zu der Struktur der aktuellen Ausstellung. Ich glaube, dass es für Andrea als Gestalterin sinnvoll ist, von einer gegebenen Grundstruktur auszugehen, doch letztlich ist unser Buch „Schimmer“ ein individuelles Buch geworden, was ich super finde.
Eure Zusammenarbeit war zeitweise ziemlich intensiv. Wart Ihr Euch immer einig, oder war es auch mal schwierig die unterschiedlichen Perspektiven unter einen Hut zu bringen?
AS: Wir gingen tatsächlich aus unterschiedlichen Perspektiven an den Katalog heran. Brigitte hat natürlich ihr Werk im Blick, kennt jedes Detail und kann es äußerst schlüssig begründen. Ich denke mehr an das Buch, an seine Gesamtgestaltung und was es an Vermittlung leisten kann. Wir mussten erst einmal zueinanderfinden. Es ist aber schön, wenn zwei Auffassungen aufeinandertreffen und man dann erlebt, dass etwas Schönes dabei herauskommt. Gemeinsam haben wir am Rechner gesessen und die unterschiedlichen Möglichkeiten diskutiert und ausprobiert. Dabei haben wir uns gut ergänzt und sind auf neue gestalterische Lösungen gekommen, solche, auf die jede für sich nicht gekommen wäre. Es hat Spaß gemacht, es war auch lustig und hat dem Katalog sehr gut getan. Insofern ist dieser Katalog durchaus als Gemeinschaftswerk zu sehen.
BW: Wir mussten erstmal eine gemeinsame „Betriebstemperatur“ erreichen. Für mich kam die Sache in Schwung, als ich nach Hamburg fuhr und Andrea persönlich kennen lernte. Ich wollte verstehen, wer die andere ist. So konnten wir gegenseitig die Qualitäten und Möglichkeiten der anderen (ein)schätzen.
Zuletzt: Welches Detail, welche Gestaltungsentscheidung gefällt Euch am besten im Buch? Oder gibt es eine Entscheidung die besonders schwer gefallen ist?
AS: Mir gefällt am besten das schimmernde »Schimmer« auf dem Cover. Und das ist auch die Entscheidung, die mir am schwersten gefallen ist. Das Schimmern konnte ich mir nicht simulieren und war daher etwas aufgeregt, als das Päckchen mit den gedruckten Exemplaren hier ankam. Aber ist ja alles gut gegangen – schimmert schön.
BW: Der Einstieg ins Buch akzentuiert über stark vergrößerte Ausschnitte Details der wichtigsten abgebildeten und ausgestellten Werkgruppen. Eine schöne Lösung sind auch die Ausklapper, die das Monumentale der „Goldberg-Variationen“ abbilden können. Ich finde, dass wir eine „Dramaturgie“ entwickelt konnten, die mein Werk und die Ausstellung auf einer anderen Ebene erlebbar werden lässt.