5 Fragen an kennedy+swan
Das Künstler*innenduo kennedy+swan erschafft Utopien, die hybride Lebensformen zwischen Natur, Mensch und Maschine beleuchten. Sogar die wieder auferstandene, Marlene Dietrich kommt zu Wort.
Wer steckt hinter kennedy+swan? Möchtet ihr euch kurz vorstellen?
Wir arbeiten seit 2013 zusammen und nennen uns als Künstler*innenduo kennedy+swan. In unserer Zusammenarbeit beschäftigen wir uns mit der Zukunft der Evolution und ihren Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere, Menschen und Maschinen. Wir versuchen, diese Utopien von der Vormachtstellung des Menschen zu befreien und beleuchten die ökologischen Vorteile hybrider Lebensformen. Für unsere Videos, VR- und AR-Installationen verwenden wir eine Vielzahl von Animationstechniken: Zeichnungen, stereoskopisches Filmmaterial, 3D-gescannte Landschaften und selbstgebaute Charaktere ergeben ein Netzwerk aus analogen und digitalen Bildfragmenten. Für unsere jüngsten Arbeiten nutzen und reflektieren wir den Aufstieg Künstlicher Intelligenz, indem wir KI-generierte Texte und Bilder integrieren.

Im Zuge der Auseinandersetzung mit KI untersucht ihr in eurer Videoarbeit „in vivo – in vitro – in silico“ unser Verständnis von Intelligenz und betrachtet dabei die Bandbreite von einer hypothetischen bis hin zu einer bereits existierenden hybriden Lebensform. Was hat euch dazu inspiriert?
Während sich die Sensationsmeldungen im Bereich generativer KI häufen, hat uns auch interessiert, was in anderen Sektoren passiert – beispielsweise in der Biologie. Seit 10 Jahren entwerfen wir bio-technologische Dystopien für unsere Arbeiten, und so langsam holt die Realität auf. So ist es Forschenden der Tufts University gelungen, Bioroboter aus Froschzellen zu entwerfen, die langfristig im menschlichen Körper leben und arbeiten sollen. Die ehemals scharfen Grenzen der Science-Fiction lösen sich gerade rasant auf. Was vor einem Jahr noch als naive Spinnerei abgetan worden wäre, sind nun durchfinanzierte Forschungsvorhaben. Uns interessieren die ambivalenten Implikationen dieser medizinischen Forschung und Fragen, ob Menschen ihre Körper artifiziellen Organismen öffnen, die zwar heilen können, aber auch potenziell hackbar sind oder sich unkontrolliert vermehren könnten.

In euren Arbeiten kommen Animationstechniken wie CGI (Computer Generated Imagery), 3D-Stop-Motion-Sequenzen, animierte Zeichnungen, stereoskopisches Filmmaterial, 3D-gescannte Landschaften und Figuren zum Einsatz. Die erzählerische Struktur der Videoarbeiten wird von der künstlichen Intelligenz Open AI GPT-3 mitentwickelt. Welche Rolle spielen diese Tools in eurer künstlerischen Prozessgestaltung?
Wir versuchen bei all unseren Projekten eine Balance zwischen analog und digital hinzubekommen. Unsere virtuellen Pixel auf dem 3D Fernseher, der VR-Brille oder dem AR-Handy haben ihren Ursprung in der echten, materiellen Welt. Wir beginnen analog im Atelier mit Material und Farbe, um 3D-scanfähige Objekte zu kreieren, die wir dann am Computer weiterverarbeiten.
Durch die aktuelle Entwicklung spannender (und auch teils beunruhigend guter) KI-Tools sparen wir uns zwar keine künstlerische Arbeit per se, und doch erleichtern sie uns das Brainstorming, weil wir damit schneller Grundlagen schaffen können, über die man dann diskutiert oder dem*der Partner*in leichter die eigenen Visionen skizzieren kann.

Welche Funktion nehmen eure Modelle und Landschaften ein?
Da unsere Projekte – wie gerade umrissen – in der Realität verankert sind, kombinieren wir auch in Ausstellungen unsere Filme und XR-Experiences mit Landschafts- und Stadtmodellen, die wir als Erweiterung sehen. In eine Modellwelt aus Holz, Pappe und Aquarell kann man sich ganz gut hineindenken, zumal wir in diese Skulpturen auch wiederum Hologrammscreens und Handydisplays verbauen, die das Narrativ um eine weitere Ebene erweitern.

Marlene Dietrich ist eine wiederkehrende Protagonistin in euren Arbeiten. Welche Bedeutung kommt ihr in eurem Oeuvre zu?
Marlene ist für uns das perfekte Symbol eines internationalen Stars, der diese Welt vor den meisten disruptiven Entwicklungen der letzten Jahrzehnte verlassen hat. Natürlich ist ihre Verwunderung dementsprechend größer, ungefragt wiederbelebt worden zu sein. Was also tun, wenn man plötzlich wieder da ist, aber ohne Agenda und Selbstbestimmung?
Die Sängerin steht aber auch für eine Entwicklung, gegen die gerade in Hollywood großflächig demonstriert wird: Showtalente werden jetzt schon mittels Deepfakes obsolet. Das Publikum wird bald kaum noch in der Lage sein, die Grenzen zwischen echten und simulierten Menschen zu unterscheiden.