Ein Wunschzettel fürs Museum: #visionengestalten #designvisions
Während ich am Schreibtisch sitze und noch einmal die Fragen durchgehe, die ich von der Platform München mit der Einladung zu der Blogparade „Die Zukunft geht uns alle an“ bekommen habe, höre ich parallel einem Gespräch zweier Kollegen zu.
Angeblich seien Frauen zwischen 55 und 65 Jahren die größte Gruppe unter den MuseumsbesucherInnen. Und schon fällt es mir ein, worüber ich eigentlich schon die ganze Zeit schreiben wollte. Über unsere jungen BesucherInnen.Irgendwie scheint mir das Thema besonders am Herzen zu liegen, aber wie bringe ich es jetzt mit den „Anforderungen“ der Blogparade zusammen? Es geht um die Zukunft, um Visionen, gute und schlechte Entwicklungen/Veränderungen und um meine eigenen Wünsche.
Erst einmal wünschen sich vermutlich alle Museen mehr BesucherInnen, wobei an dieser Stelle auch kritisch hinterfragt werden kann, ob es das Ziel sein sollte, wirklich jeden Menschen – auch gegen seinen Willen oder sein Interesse – ins Museum zu bekommen. Dieser Text wird aber nicht davon handeln, wie man besonders viele Menschen ins Museum lockt, sondern er befasst sich mit meinem Wunsch nach größerer Generationenvielfalt unter den BesucherInnen. Allerdings ist es für mich als relativ junge Museumsmitarbeiterin nicht möglich aus einem riesigen Erfahrungsschatz zu schöpfen. Ich habe vermutlich auch nicht jede Statistik gelesen und jede Theorie hinterfragt. Deshalb vorab: Es folgt meine persönliche Einschätzung der Situation und mein persönlicher Wunschzettel fürs Museum und natürlich bezieht sich dieser Text auch immer wieder auf das Haus, aus dem ich schreibe.
Vielfalt im Museum
Der Wunsch nach Vielfalt im Museum klingt erst einmal gut. Eine entscheidende Voraussetzung dafür wäre nur, dass das, was gezeigt wird, prinzipiell für jeden zugänglich ist. Und schon bewegt man sich an der Grenze zum Utopischen. Barrieren wie ein Informationsdefizit, Anreiseschwierigkeiten, Eintrittsgelder und sprachliche Verständnisprobleme sind wesentlich einfacher zu beheben als die tieferliegenden Hürden. Wenn eine Ausstellung vom Inhalt her nicht gefällt oder das Interesse für Kunst generell nicht vorhanden ist, dann ist das vielleicht einfach so. Wahrscheinlich gibt es eine Vielzahl von Hindernissen, die man für sich beanspruchen kann, nicht ins Museum zu gehen. Es existieren aber auch zahlreiche Gründe, die für einen Besuch sprechen.
Weniger Ehrfurcht, mehr Gelassenheit
Was ich mir für die Zukunft wünsche ist, dass das Museum von deutlich mehr Menschen anders wahrgenommen wird und zwar als einen lebendigen Ort, vor dem niemand zurückschreckt oder sich fehl am Platz fühlt, als einen Treffpunkt der unterschiedlichen Generationen und Kulturen. Als einen Ort, der Emotionen wie Freude und Trauer zulässt, der Spaß macht und Nachdenklichkeit auslöst. Generell sollte das Museum in den Alltag der Menschen integriert werden. Auch wenn es manchmal das Gegenteil bewirkt und dazu verhilft, genau diesem stressigen Alltag zu entfliehen.
Meine Visionen sind keine banalen Ausstellungsinhalte oder die dauerhafte Umwandlung des Museums in Partylocations und Spielwiesen für alle Altersklassen, sondern eine gewisse Lässigkeit im Umgang mit einer zumeist ehrfürchtig als Ort der Hochkultur und der gesellschaftlichen Distinktion verschrienen Institution. Und was verbindet man oftmals mit einer lässigen Haltung? Die Jugend.
Das Museum wird plötzlich cool
Marta hat eine Skulptur des amerikanischen Rap-Musikers Tupac Shakur vor der Tür stehen, weswegen wir eigentlich schon cool sind und oftmals als Selfie-Kulisse für junge Menschen dienen. Autos bleiben stehen, die Fahrer steigen aus, knipsen schnell ein Foto und fahren dann weiter. Ja, sie fahren leider weiter. Warum aber könnte das Museum auch für diese jungen Menschen besonders attraktiv sein? Fügen wir an dieser Stelle auch einmal die 12-bis 18-jährigen potentiellen MuseumsbesucherInnen hinzu. Ein spektakuläres Gebäude mit einem interessanten Eingang ist eine Sache, aber was bewegt Jugendliche dazu, in das Museum hineinzugehen? Ist es wirklich die Kunst, die sie abschreckt? Nein, das glaube ich nicht.
Ich denke, es ist ein Imageproblem. Folgende Anekdote aus dem Museumsalltag versprüht allerdings Hoffnung: Ein Mittwochabend im Museum mit verlängerten Öffnungszeiten und freiem Eintritt. Ich bekomme zufällig ein Gespräch zwischen zwei Teenagern mit, die sich ganz angeregt über die „extrem krassen“ Kunstwerke unterhalten. Wenig später stellt sich heraus, dass sie sich hier zu ihrem ersten Date treffen. Mein Herz ist entzückt. Marta, der perfekte Ort für Verabredungen. Herrlich.
Warum ich das nun erzähle? Weil es genau das ist, was ich mir wünsche. Der Museumsbesuch soll keine Zwangsveranstaltung sein, den man von der Schule aus noch kurz vor den Ferien erledigen muss. Wie gesagt, ich bin kein Experte, was die neuesten Altersstatistiken betrifft, und vielleicht täusche ich mich auch, aber ich verspüre da ein zunehmendes Interesse. Vielleicht sind da auch die Social Media-Unternehmungen nicht ganz unschuldig. Instagram ist cool. Selfies sind cool. Ein Selfie im Museum, irgendwie auch cool.
Und wie soll die Lösung nun aussehen: Öfters mal freien Eintritt? Das Museum länger öffnen? Andere Veranstaltungsformate? Deutlichere Präsenz im Digitalen? Den Kunstunterricht in das Museum verlegen? Es existieren bereits viele Ideen, die auch erfolgreich umgesetzt werden, aber trotzdem erscheint es mir so, als sei der richtige Schlüssel noch nicht gefunden worden.
Nicht zu vergessen ist übrigens auch der Dank an alle Beteiligten der Blogparade. Alle Beiträge waren wirklich inspirierend für mich.
3 Replies to “Ein Wunschzettel fürs Museum: #visionengestalten #designvisions”
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Liebe Nele,
vielen Dank für den visionären Wunschzettel und deine persönliche und ehrliche Meinung.
Ich glaube wir sind uns alle einig: wir hoffen, dass die „Wünsche“ in Erfüllung gehen.
Liebe Grüße & vielen Dank
Clara